STMicro/ImgTec KYRO 32/64MB Review
24. März 2001 / von Holger / Seite 1 von 29
Es ist schon manchmal sehr erstaunlich, wie sehr alles schon wieder auf die nVidia-Produkte ausgerichtet ist. Denn über dem allgemeinen nVidia-Rausch wird doch des öfteren vergessen, daß es auch noch andere gute Grafik-Hardware gibt. Doch davon kommt leider relativ wenig außerhalb der kleinen Szene der Grafikkarten-Freaks an. Wenn selbst ATi manchmal noch mit dem Bekanntheitsgrad seiner Radeon-Serie beim Endkäufer hadert, so ist der KYRO und sein Konzept des TileBased Renderings sogar vielen weitestgehend unbekannt.
Zu Unrecht, muß man gleich dazusagen. Denn unabhängig von Bekanntheitsgrad des Chips und der Hersteller und eigentlich sogar unabhängig von den Leistungen der Grafikkarten haben diese eine einzigartige Technologie zu bieten. Mit seinem TileBased Rendering kann der KYRO in dem Sinne aus der zur Verfügung stehenden Chip- und Speicherleistung wesentlich mehr heraus holen - der Chip arbeitet wesentlich effektiver. Dieses Konzept wird uns ganz unabhängig vom Erfolg des heutigen KYRO auf jeden Fall in der Zukunft bei allen anderen Grafikchip-Herstellern wiederbegegnen. Denn selbst wenn sich Chiptakte und Anzahl der Rendering-Pipelines fast beliebig nach oben treiben lassen - die Speicherindustrie kommt momentan nicht mit entsprechend gleichwertig schnellen Speicherchips hinterher. BruteForce-Lösung wie die von allen anderen Herstellern werden immer teurer und uneffektiver - daß sehr sparsame Konzept des KYRO wird sich langfristig geradezu durchsetzen müssen, eine andere Lösung gibt es kaum.
Dies muß natürlich heutzutage die Käufer einer Grafikkarte nicht unbedingt interessieren - es sollte nur verdeutlichen, daß der KYRO nicht irgendein Nischenprodukt, sondern technologisch sogar einer GeForce3 noch überlegen ist. Natürlich zielen KYRO-Boards nicht auf den GeForce3-Markt, sondern sind ganz im Gegenteil im günstigen Markt der 200- bis 300-DM-Boards angesiedelt. Und dies ist bekanntermaßen festes Revier der GeForce2 MX - und genau gegen diese wollen wir auf den nachfolgenden Seiten unsere beiden KYRO-Karten vergleichen. Wir legen dabei gerade in diesem Review gesteigerten Wert auf die vielen getesteten Spiele, welche speziell beim KYRO-Chip ein doch sehr anderes und differenzierteres Bild abgeben werden als die leider üblichen seelenlosen "Q3A + 3DMark only" Tests. |
Danken müßen wir im Rahmen dieses Reviews vor allem Werner Basedow aka "Loewe" von deferred Power (die deutsche PowerVR Seite), welcher uns nicht nur die Tests mit der Videologic Vivid! ermöglichte, sondern uns auch ansonsten mit Rat und Tat zur Seite stand.
Vorbetrachtung
Daß die KYRO-Serie im Markt nicht so bekannt ist wie andere vergleichbare Produkte, liegt auch daran, daß Hersteller Imagination Technologies den PC-Markt mit dem KYRO erst wieder neu zu erobern versucht. Die Anfänge gehen aber bis in selige Voodoo1-Zeiten zurück, als Videologic den einzigen ernstzunehmenden Voodoo1-Konkurrenten, den PowerVR1 PCX1 produzierte. Dieser konnte sich kurzzeitig sogar im Glanze der absoluten 3D-Spitze sonnen. Sogar die sehr ungewöhnliche Renderingarchitektur konnte den Erfolg des Chips nicht verhindern - denn der Voodoo1 war lange Zeit einfach viel zu teuer für den Massenmarkt und der PowerVR1 mit seinen "nur" 2MB Speicher eben wesentlich günstiger. Dann aber fielen innerhalb weniger Wochen die Speicherpreise massiv nach unten und der Voodoo1 mit seinen damals utopischen 4MB RAM wurde bezahlbar - womit der Niedergang des PowerVR1 begann.
Denn auf einmal rückten die Nachteile des Chips mehr in den Blickpunkt: Der PowerVR1 unterstützte keine Dreiecke als Grund-Einheit der 3D-Welt, sondern nur durch Flächen begrenzte konvexe Volumenkörper. Doch dies war eben prinzipiell anders als der Grundgedanke aller anderen 3D-Chips - und für die meisten Spiele-Entwickler auch schlicht zu kompliziert. In Folge des Voodoo-Erfolges schwenkten immer mehr Entwickler weg vom PowerVR, daran änderte auch eine überarbeitete Version (PCX2) nichts mehr. Für heute entscheidend ist aber, dass schon im ursprünglichen PowerVR1 das heute noch verwendete TileBased Rendering zur Anwendung kam.
Der Nachfolger PowerVR2, auf dem PC "Neon 250" genannt, ist eigentlich schon ein eigenes Kapitel wert :-) Dieser Chip ging wieder auf die dreiecks-basierende 3D-Welt zurück, trieb aber die Idee des TileBased Renderings noch weiter voran. Ursprünglich war er einmal für den PC geplant, aber das Konzept überzeugte die Verantwortlichen von Sega so sehr, daß sie den Chip für die Dreamcast aquirierten und dort dann auch zu millionenfach einsetzten. Weshalb die PC-Variante dann noch über ein Jahr brauchte, um auf den Markt zu kommen, ist heftig umstritten: Die einen sagen etwas von Kompatiblität-Problemen auf dem PC, die anderen, daß dieser späte Markteintritt mit Sega vereinbart war, um den technologische Vorsprung der Dreamcast-Konsole zu sichern. Fakt ist jedoch, daß wenn der PowerVR2 rechtzeitig auf dem PC-Markt gewesen wäre, er die damals vorherrschende Voodoo2 klar hätte angreifen können. Ein Jahr später kam der Chip aber gegen Voodoo3 und Riva TNT2 schon viel zu spät und versank schnell wieder in der Versenkung.
So ist es heuer auch kein Wunder, daß kaum jemand diese Chips und die diese produzierenden Firmen kennt. Um gerade bei den Herstellerfirmen des KYRO-Chips einmal ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen: Videologic ist der ursprüngliche PowerVR-Erfinder und ist nach wie vor noch der Hauptvertreiber der Chips und zeichnet für auch das Referenzdesign verantwortlich. Für die reine Entwicklung der Chips ist aber mittlerweile PowerVR Technologies zuständig, welche auch die Treiber-Entwicklung inne hat. Beide Firmen gehören Imagination Technologies, meist kurz als ImgTec abgekürzt. ImgTec wird als die Mutter-Firma von Videologic und PowerVR auch gern als der Hersteller des KYROs angesehen. Wobei man sich für die reine Produktion einen der größten Chip-Hersteller der Welt gegriffen hat - ST Microelectronics. Und so kommt es dann zu der etwas verwirrenden Namensvielfalt, wenn es um den Hersteller des KYRO geht :-)
Zurückkommend zum Chip selber: Nach der de facto "Verweigung" des PowerVR2, den PC-Markt aufzumischen, trat heuer der PowerVR3, besser bekannt als KYRO an, um dieses zu vollbringen. Die Vorzeichen standen wesentlich günstiger als je zuvor. Renderingleistung haben die heutigen Chips zur Genüge - die zur Verfügung stehende Speicherbandbreite wird dagegen immer mehr zum Problem. Denn diese ist nicht beliebig mittels schnellere Businterfaces oder schnellere RAM-Bausteinen zu erhöhen - zum einen kostet dies schnell überproportional viel Geld und zum anderen kommt die Speicherindustrie mittlerweile technisch gar nicht mehr so schnell hinterher. Ideale Voraussetzungen also für eine sparsame Architektur, welche auch mit nur 115 MHz Chip- und Speichertakt gegen um die 50 Prozent schneller getaktete BruteForce-Lösungen bestehen kann.
Hinzu kommt, daß ImgTec mit der mittlerweile nun dritten PowerVR-Serie auch die letzten Probleme der Architektur gelöst hat. Die ersten beiden PowerVR-Serien hatten teilweise noch mit einiger Software Darstellungsprobleme zu verzeichnen - der KYRO kann sich hier als ein ganz normaler Allerwelts-Grafikchip präsentieren, der nicht mehr und nicht weniger Probleme hat als die anderen am Markt befindlichen Produkte. Diese sind nie ganz ausgeschlossen - aber das gilt auch für eine GeForce2 in gleichem Umfange. Mit dem KYRO kann ImgTec zum ersten Mal ein in jeder Lebenslage funktionierendes, leistungsfähiges und in den 3D-Features der Zeit angepasstes Stück Grafik-Hardware anbieten.
Wunder sollte man aber keine erwarten. Schon der Preis der Karten mit KYRO-Chip zeigt mit zwischen 200 und 300 DM klar die Richtung an: Es geht gegen das MX-Segment im Markt. Allerdings hätte sich ImgTec wohl kein härteres Brot aussuchen können als dieses, denn in diesem Markt buhlen mittlerweile um die 20 Hersteller mit um den 30 verschiedenen MX-Ausführungen um die Gunst der Käufer. Selbst ATi hat es mit seiner Radeon SDR da sehr schwer und wird trotz guter Leistungen kaum wahrgenommen. Besonders bei denjenigen, die sich nicht unbedingt so tief mit PC-Hardware auskennen, sind meist nur drei Worte anzutreffen: "GeForce", "nVidia" und "MX".
Jetzt mag eine GeForce2 für viele zu teuer sein - die MX-Karten sind es nicht. Der unglaubliche Run auf diese Karten ergibt sich nicht ungefähr aus dem wirklich guten Preis-/Leistungsverhältnis. Und natürlich ergibt sich daraus auch die Konstellation unseres Tests: Unabhängig der völlig unterschiedlichen technologischen Ansätze muß sich die KYRO in 20 Benchmark-Spielen gegen die GeForce2 MX beweisen - ganz wie im realen Leben. Wir werden über die Technologie selber die entsprechenden Worte verlieren, dies soll aber nicht unser Hauptaugenmerk in diesem Review sein. Wichtig ist es uns, zu zeigen, wie sich die Karte im realen Alltag schlägt ...
Für die nachfolgenden Betrachtungen möchten wir vorab noch anmerken, daß die Aussagen zur Installation und zu den Treibern sich auf die PowerColor Evil KYRO beziehen, welche bei uns für einem Zeitraum von drei Monaten wirklich intensiv getestet wurde. Auf den Benchmark-Seiten befinden sich dann auch noch Benchmarks der Videologic Vivid!, also der 32MB-KYRO-Karte, diese Karte hatten wir allerdings ausschließlich für die Benchmarks selber zur Verfügung.