ATi Radeon 64MB DDR Bulk / Retail Review
18. Juni 2001 / von Leonidas / Seite 1 von 33
Auch und gerade im Zeitalter einer GeForce3 mit 1000 DM Startpreisen für eine Grafikkarte geht es dem größten Teil der Grafikkarten-Käufer zumeist eher um eine sinn- und maßvolle Anlage des schwer verdienten Geldes. 1000-DM-Karten haben diesbezüglich nur einen arg begrenzten Kundenkreis - die Masse der Käufer ersteht nach wie vor Karten des Segmentes um 250 bis 450 DM. Und nach einem dreiviertel Jahr Lebensdauer gehört mittlerweile auch die ATi Radeon 64MB DDR in dieses Segment hinein, welche auf den nachfolgenden 33 Seiten in ihren beiden Varianten Bulk und Retail entsprechend ausgetestet werden soll.
Manch einer mag sagen, daß dieser Test reichlich spät sei. Allerdings haben wir uns mit eben diesem Test auch reichlich Zeit gelassen (ca. vier Monate) und zum anderen neigen wir in letzter Zeit sowieso dazu, HighEnd-Karten nicht unbedingt beim Preisstand a´ 800 oder 1000 DM zu testen, ganz einfach weil der erreichbare Käufer-Markt bei diesen Preisen zu klein ist. Genauso sinnvoll ist ein Test eben auch dann, wenn die zu testende Hardware in preislich christlichere Regionen gefallen ist und sich damit selber auch einen wesentlich größeren Markt an Käufern erschließen kann. Dann ist dies zwar kein Test eines neuen Produktes mehr :-) sondern eher eine aktuelle Leistungs-Bestandsaufnahme, aber damit möglicherweise gar nicht einmal für weniger Leser interessant.
Womit auch schon eine wesentliche Ausrichtung dieses Tests angedeutet ist: Radeon-Reviews gibt es zur Genüge - an dieser Stelle soll es also weniger um tiefschürfende Analysen der Karte ansich gehen, sondern viel stärker um den Vergleich. Und zwar zu dem, was man mit der Radeon ziemlich gleich setzen kann - Voodoo5-5500, GeForce2 GTS 64MB, GeForce2 Pro und GeForce2 Ultra in 20 aktuellen (und manchmal auch weniger aktuellen) Real-Life-Anwendungen für eine Grafikkarte: Spielen. Zum ersten Male haben wir auch einen kompletten Vergleich der Bildqualität mit dabei - und dies nicht an ausgewählten Beispielen, sondern für alle getesteten Spiele. Dies sollen denn auch nachfolgend die zwei Hauptbetrachtungs- und Vergleichspunkte sein: Performance und Bildqualität.
An dieser Stelle käme dann üblicherweise der Dank an den Hersteller für die Stellung der Testkarte. Leider war ATi trotz eindeutiger Vereinbarung bisher nicht in der Lage, die für Mitte Februar (!) avisierte Testkarte an uns zu liefern. Wir haben uns unsere Testkarte letztlich privat, ergo auf eigene Rechnung hin, besorgt. Kein weiterer Kommentar ...
Vorbetrachtung
ATi hat einen langen Weg zurücklegen müssen, um sich mit der Radeon-Serie die in der Gamer-Szene vorher weitesgehend verspielte Reputation zurückzuholen. ATi verschlief anno 1996 das aufkommende "3D" komplett und hinkte dem Markt in Folge dessen erst einmal jahrelang hinterher, eh man langsam aber sicher wieder den technologischen Anschluß fand. Doch der Reihe nach ...
ATi ist zweifelsfrei ein Branchenriese. Zwar wurde man vor kurzem zum ersten Male von nVidia auf den zweiten Platz verwiesen, davor war man aber jahrelang die No.1 der kompletten Grafikchip-Hersteller. Der Hauptteil dieses Geschäftes wird aber nicht auf dem Retailmarkt mit seinen vergleichsweise geringen 10 Prozent Anteil, sondern auf dem OEM-Markt mit 90 Prozent Anteil gemacht. In diesem Markt ist und war ATi vornehmlich zu Hause, ganz besonders in dem Teilmarkt der mobilen Chips. Das ganze ging auch zu den reinen 2D-Zeiten ziemlich gut (siehe dazu weiterführend Die Geschichte der Grafikkarte) - daß man nicht immer die absoluten HighEnd-Boards herstellte, brauchte niemanden stören - die grundsätzliche Funktionalität war gegeben und der Preis sowieso immer recht günstig. ATi war Mitte der 90er in Millionen Komplett-PCs zu finden, es wurde seinerzeit vorwiegend die Chips Mach32 und Mach64 mit Grafikspeicher-Größen a´ 512 kB bis zu 4 MB verbaut.
Doch dann kann 1996 3dfx mit seiner Voodoo Graphics 3D-Beschleunigerkarte. Nach einem sehr zähen Start entwickelte sich die 3D-Szene besonders durch die Unterstützung der leistungsfähigen Glide-Schnittstelle ab 1997 immer schneller und zumindestens in der Gamer-Szene waren die Begriffe "3dfx" und "Voodoo" in aller Munde. ATi lieferte seinerzeit immer noch seine Mach64-Chips aus. Als man die Bedeutung und die Durchsetzungskraft von "3D" besonders in den Marketingabteilungen erkannte, reagierte man seitens ATi - mit einem Fehler, der damals zwar Umsatz brachte, sich aber in den Köpfen der Kunden & Käufer rächen sollte.
ATi begann, alle seine Karten auf "3D" umzustellen - die Ära der auf "3D" umgelabelten Karten war geboren. Ich kann mich noch heute an gewisse Fragen von damals erinnern, warum denn eine eigentlich unter "3D" gekaufte Grafikkarte mit gewissen 3D-Spielen nicht zurechtkam ;-) Der Grund ist simpel: "3D" ist kein schützbarer Begriff, man kann ergo alles unter "3D" verkaufen. Und so ward 1996 der 3D Rage Chip geboren - ein auf "3D" umgelabelter Mach64 Chip. In den Treibern mancher alter Rage-Chips finden sich auch heute noch genügend Hinweise auf die Mach64-Abstammung - und viel mehr als umgelabelt war dieser Chip auch nicht. ATi veränderte im Laufe der Zeit zwar einiges am Chip, so daß ein ganzer Haufen von Rage-Derivaten entstand, an der weitestgehenden 3D-Unfähigkeit änderte sich allerdings damit nichts. Falls die ReadMe´s zu Spielen den "3D Rage" überhaupt erwähnen, dann meist nur in dem Zusammenhang, daß dieser nicht im 3D-Modus, sondern nur im Software-Modus nutzbar sei.
Ganz untätig war man bei ATi nun aber auch nicht gewesen und brachte 1997 dann einen erweiterten Rage-Chip auf den Markt, den 3D Rage Pro. Dieser war zwar zum Release schon nicht mehr ganz zeitgemäß und zudem lange mit einigen Treiberproblemen behaftet, aber hatte wenigstens prinzipielle 3D-Features und man kann diesen als ersten echten 3D-Chip von ATi werten. Wegen ATi´s gewaltiger Marktanteile im OEM-Markt wurde dieser in den folgenden Jahren wieder zu Millionen in Komplett-PCs verbaut. In der nun aufgekommenden 3D-Szene konnte ATi mit diesem Chip allerdings nicht punkten - eine (ältere) Voodoo1 war schlicht schneller, schöner und kompatibler. Und mit der Anfang 1998 erschienenen Voodoo2 konnte der ATi-Chip ganz gewiß bei weitem nicht mehr konkurrieren.
Einleitung | Technik | Treiber | Setup | Benchmarks | Fazit |