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GeForce4 Ti: Pro und Kontra

11. Februar 2002 / von aths / Seite 3 von 3


Weil die "nfinite fx II" Engine nur relativ wenig mehr kann als der eigene Vorgänger, wurde wenigstens gezeigt, was damit überhaupt möglich ist. Das beeindruckende Fell des "Wolfman"-Maskottchens ist mit einer Technik gerendert, die prinzipiell unter anderem schon längst in einer Techdemo von PowerVR beschrieben wurde. Das entsprechende PDF spricht von der GeForce4 Ti, als wäre damit ein echter Durchbruch geglückt - obwohl es sich nur um eine kleine Steigerung von seit Jahren erhältlicher Hardware handelt (GeForce3) und die Konkurrenz featureseitig nicht erreicht (Radeon8500). Nach einem Jahr Pause wäre selbst nach nVidia-Vorgaben ein "richtiges" neues Produkt fällig. Statt dessen drehten sie vor allem an der Taktschraube - nichts neues. Wie sie ihren alten Chip neu aufbuken - 3dfx lässt grüßen.

Die für nVidia neue "Video Processing Engine" (VPE) wird leider nur mittels der GeForce4 MX angeboten. Die Konkurrenz liefert längst überlegenere Lösungen, nebenbei mit DirectX 8.1 voll in Hardware (All-in-Wonder Radeon 8500).

Zu kritisieren ist auch die (schon bei der GeForce3 begonnene) Optimierung auf 1600x1200. Hier bringt die GeForce4 Ti, das muss man schon sagen, erstaunliche Leistung. Wir glauben jedoch nicht, dass diese Auflösung in der Lebenszeit dieser Karte Standard werden wird, zumal sie hier natürlich nur ohne AA und AF noch ausreichend schnell ist. Wir halten das für eine Marketing-Masche. Wenn sich 1600x1200 Pixel durchsetzen, dann vor allem auf so großen Monitoren, dass sich Anti-Aliasing noch lohnt - wofür die Karte dann aber wie gesagt auch wieder zu schwach ist. Eine Optimierung auf die heute üblichen Auflösungen würde dem Käufer mehr bringen.

Man mag argumentieren wollen, die GeForce4 Ti bräuchte keinen PixelShader 1.4, da dieser eigentlich nicht genutzt wird. Das ist richtig: Hier und jetzt bringt der PixelShader 1.4 praktisch nichts. Doch würde nVidia PixelShader 1.4 bieten, bestünde für deutlich mehr Entwickler ein Anreiz, diesen PixelShader in Bälde zu nutzen. Das wäre allerdings ein Zugeständnis an ATi, wozu nVidia hochmütigerweise nicht bereit ist. Es ist enttäuschend, dass nVidia hier aus Gründen des Images techologiefeindlich auftritt. Anstatt sich ins Zeug zu legen und z.B. einen PixelShader 1.5 zu forcieren, der in einem theoretischem DirectX 8.2 Einzug halten könnte ...

Man könnte argumentieren, das Multisampling-Anti-Aliasing sei auf der GeForce4 Ti sehr schnell und dessen Geschwindigkeit entscheide über den Nutzen. Dies ist richtig - gerade Anti-Aliasing als qualitätsverbesserendes Feature entscheidet sich aber auch über die Qualität. Dieses HighEnd-Produkt hat es nicht einmal geschafft, die Qualitäts-Referenz für 4x-Anti-Aliasing zu erreichen, was wirklich eine schwache Leistung darstellt.

Rendering-Qualität ist auch eine Frage der Bittiefe - John Carmack und andere wünschen sich erhöhte Präzision. Wir haben darüber berichtet, ob und wie das Sinn macht. Weiterhin wird bei der GeForce4 Ti intern nur 36bittig gerendert, wobei von den 9 Bit pro Kanal ein Bit das Vorzeichen repräsentiert und die restlichen 8 quasi Nachkommabits sind. 3dfx´ VSA-100 bot kein Vorzeichen (da kein PixelShader integriert war), aber dafür 10 interne "Nachkommabits". Die GeForce4 Ti erlaubt jedoch wie sein Vorgänger vier Texturen pro Pass, hier würde also z.B. eine 12-Bit-Präzision absolut Sinn machen.

Das sind die drei Hauptkritikpunkte, die wir sehen. nVidia ist träge geworden und gönnt sich eine Ruhepause. Nebenbei wird der Massenmarkt weiterhin mit herkömmlicher DirectX7-Hardware geflutet, als ob es nicht längst Zeit wäre, die neue Technik zu nutzen.



   Zusammenfassung

Entfernt man das ganze Marketing-Blendwerk, bleibt natürlich ein sehr guter, wenn auch entsprechend teurer Chip. Wir stimmen nicht zu, dass man das neue Produkt "GeForce 3.5" nennen sollte. Die Verbesserungen sind rar, aber nützlich. Heute gibt es praktisch keine Spiele, die den Kauf einer GeForce3 oder Radeon 8500 rechtfertigen. nVidia verbesserte vor allem die Pro-MHz-Leistung - davon kann der Käufer sofort profitieren. Auch wenn die Optimierungen im einzelnen wenig bringen, so führen sie in ihrer Gesamtheit doch zu einem deutlichen Leistungssprung, der die Version "4" in der GeForce-Reihe rechtfertigt. So wie GeForce2 eine leicht verbesserte GeForce1-Technik mit mehr Geschwindigkeit fortführte, ist die GeForce4 Ti die bessere GeForce3.

Zudem sind nVidia historische Verdienste anzurechnen. Szenen, die vor zwei Jahren pro Frame noch beinahe Stunden Renderzeit in Anspruch nahmen, können heute in höheren Auflösungen in Echtzeit gerendert werden. Und spätestens seit der GeForce4 Ti ist dies auch durchgehend mit Kantenglättung möglich. An der Entwicklung, dass immer realistischere Echzeit-Grafik möglich wird, hat nVidia großen Anteil, was spätestens mit der Entwicklung nVidia-spezifischer Shader begann.

Was bleibt, ist folgende Konklusion: Entwickler sehen nicht nur, was man mit einer Grafikkarte alles machen könnte, sondern auch den Aufwand dafür. John Carmack hat von Curved Surfaces die Nase voll und spricht lieber darüber, wieviel Passes für eine Textur benötigt wird, wenn man Doom III spielt. Die GeForce3 wird hier zwei bis drei Passes benötigen, bei der Radeon 8500 hält er eine Optimierung auf nur noch einen Pass für möglich. Die GeForce4 Ti unterscheidet sich hier nicht von ihrem Vorgänger - es bleibt bei zwei bis drei Passes. Technisch kann sie mit der Konkurrenz nicht ganz Schritt halten, die Verbesserungen seit ihrem Vorgänger sind dürftig; allerdings von einem sehr hohen Niveau aus.

Die GeForce4 Ti ist eine wenig innovative, dafür brutal schnelle Karte und für Fans geballter Rohpower empfehlenswert - solange sie über ein entsprechendes Geldsäckel verfügen.






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