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Kolumne: Nvidia enttäuscht mit der GeForce 8600

26. April 2007 / von aths / Seite 1 von 1


   Einleitung

Seit der GeForce2 MX ist es bei Nvidia Tradition, vom prestigeträchtigen Hauptchip eine halbierte Variante zu veröffentlichen. Die nächsten zwei Absätze sollen im "Bild-Schnelllauf" diese Entwicklung kurz nachzeichnen.

Mit den damaligen Chipentwicklungs-Tools bedeutete es für Nvidia recht viel Arbeit, den NV11 (GeForce2 MX) zu entwickeln. Doch daraus wurde – bezogen auf den jeweiligen Gesamtmarkt – der wohl erfolgreichste 3D-Gamerchip aller Zeiten. Bei der GeForce3 und dessen leicht verbessertem Nachfolger GeForce4 Ti hielt es Nvidia für nicht nötig, auch der weniger zahlungskräftigen Kundschaft damals aktuelle Technologie (Shader Model 1) verfügbar zu machen. Dies änderte sich bei der GeForceFX, wo mit der GeForceFX 5600 und 5700 vom jeweiligen Highend-Modell eine halbierte Version erschien. Genau wie die GeForceFX-Serie insgesamt war diesen Chips im Gaming-Segment jedoch kein großer Erfolg beschieden.

Mit der GeForce 6600 Serie landete Nvidia einen Erfolg, wie ihn zuletzt ATI mit der Radeon 9600 erzielte: Sehr gute Performance mit aktueller Shader-Technik zu einem vernünftigen Preis. Die GeForce 7600 Serie war dann der GeForce 6600 Serie allen Belangen mehr oder weniger überlegen. Da sich die Vorteile in ihrer Wirkung multiplizieren, wurde auch hiermit standesgemäße Performance geboten. Die diese Woche neu vorgestellten GeForce 8600 GT und GTS sind in ihrer Architekturbreite jedoch keine Halbierung vom Hauptchip G80, sondern eine Viertelung. Damit werden die in die GeForce 8600 Serie gesetzten Erwartungen böse enttäuscht.


  Vergleich allein der Hardware-Einheiten Vergleich der Hardware-Einheiten unter Einrechnung der Taktraten (der schnellsten Modelle)
GeForce 5600 Ultra (NV31) zu GeForce 5800 Ultra (NV30) 50% Rendering-Pipelines & Shader-Einheiten, 100% Speicherinterface 35% Texturier-Leistung & Shader-Leistung, 70% Speicherbandbreite
GeForce 5700 Ultra (NV36) zu GeForce 5950 Ultra (NV38) 50% Rendering-Pipelines & Shader-Einheiten, 50% Speicherinterface 50% Texturier-Leistung & Shader-Leistung, 47% Speicherbandbreite
GeForce 6600 GT (NV43) zu GeForce 6800 Ultra (NV40) 50% Vertexshader-Einheiten, 50% Pixelshader-Einheiten, 50% Rendering-Pipelines, 25% ROPs, 50% Speicherinterface 63% Vertexshader-Leistung, 63% Pixelshader-Leistung, 63% Texturier-Leistung, 45% Speicherbandbreite
GeForce 7600 GT (G73) zu GeForce 7900 GTX (G71) 63% Vertexshader-Einheiten, 50% Pixelshader-Einheiten, 50% Rendering-Pipelines, 50% ROPs, 50% Speicherinterface 50% Vertexshader-Leistung, 43% Pixelshader-Leistung, 43% Texturier-Leistung, 44% Speicherbandbreite
GeForce 8600 GTS (G84) zu GeForce 8800 GTX bzw. Ultra (G80) 25% Shader-Einheiten, 50% TMUs (mit aber nur 25% nomineller Leistung), 33% ROPs, 33% Speicherinterface zu 8800GTX: 27% Shader-Leistung, 29% Texturier-Leistung, 37% Speicherbandbreite
zu 8800Ultra: 24% Shader-Leistung, 28% Texturier-Leistung, 31% Speicherbandbreite



   Seltsam zugeschnittene Mittelklasse

Zwar bietet die GeForce 8600 GTS mehr für weniger – mehr Bang for the Buck als alles zuvor unter den (eigentlichen) Mainstream-Karten. Die Preise der GeForce 8600 GTS dürften sich schon bald unterhalb von 200 Euro einpendeln und die Karte übertrifft die Performance GeForce 7600 GT um Längen: Mehr Shader-Rohleistung bei krass gesteigerter ALU-Effizienz (im Vergleich zur GeForce7-Technik) und mehr effektive Texturierungsleistung (zur GeForce 7600 GT eine Steigerung um satte 60 Prozent) bei zudem deutlich höherer Speicherbandbreite (mehr als 40 Prozent Steigerung) – die schnellste Mittelklassen-Karte kommt sicherlich von Nvidia. Die relative Steigerung ist somit sogar größer als die von der GeForce 6600 GT zur GeForce 7600 GT – die absolute Leistung also durchaus auf einem hohen Niveau. Zumindest in einigen Benchmarks werden auch höhere 7900-er Modelle übertroffen.

Die 8600-er bieten natürlich volle Direct3D10-Unterstützung inklusive Geometry Shader und – als Abkömmling des G80-Chips – vor allem auch die beste erhältliche anisotrope Filterung. Davon profitieren alle 3D-Spiele sofort. Ob die Antialiasing-Fähigkeiten irgendwie beschnitten sind, ist derzeit noch nicht völlig klar – doch für 8x-Antialiasing in modernsten Shootern wurde die GeForce 8600 Serie ja auch gar nicht entwickelt. 4x gamma-adjusted Transparenz-Antialiasing und 8x-16x der vorzüglichen G80-mäßigen anisotropen Filterung bei spürbar höherer Performance als mit bisherigen Mittelklasse-Karten: Anscheinend ist Nvidia hier gut aufgestellt.

Und doch bleibt der Eindruck, dass Nvidia hier nur eine Art "Radeon X1600" präsentiert: Für den Launchzeitpunkt gut genug, für zukünftige Anforderungen von vornherein zu schwach. Die 8800-er Modelle bekamen ihre vielen Rechenwerke ja nicht umsonst, sondern weil hohe Arithmetik-Leistung für Direct3D10-Anwendungen praktisch Voraussetzung sind. Mit Direct3D10 können mehr Ressourcen pro Shader genutzt werden als mit Direct3D9, doch das ergibt nur Sinn, wenn die Ressourcen auch gebraucht werden - ansonsten könnte man bei Direct3D9 bleiben (das stimmt nicht ganz, denn Direct3D10 bietet weitere Vorteile wie beispielsweise eine erheblich gesenkte CPU-Last).

GeForce 8600 GTS und GT sind für 256 MiB Speicherausbau vorgesehen, die architekturmäßig erneut halbierte GeForce 8500 GT soll hingegen auch gleich auch in einer 512-MiB-Version gelauncht werden - das ist wieder mal eine Meisterleistung einfallsloser Produktmanager. Man muss nun aber auch berücksichtigen, dass 3D-Performance bei weitem nicht der treibende Faktor in Bezug auf verkaufte Stückzahlen ist. Die GeForce 7600 GS zum Beispiel verkauft sich bis heute blendend – nicht zuletzt dank Dual-DVI und problemlos passiver Kühlung. Ach ja, ordentlich zocken kann man damit auch noch, falls man will.

Es ist also absolut richtig, dass Nvidia die GeForce 8500 GT mit "16 Streamprozessoren" (einem Cluster mit zwei 8x-SIMD-Units) herausbringt. Es stellt sich somit eigentlich nicht die Frage, ob der Käufer einer GeForce 8500 GT (Kostenpunkt ca. 80 Euro) damit Direct3D10-Spiele spielen will. Sondern, warum man den Käufern die hervorragende Effizienz der G80-Architektur verwehren sollte.

Von einem Produkt mit der "600" (wie der GeForce 8600 Serie) in der Modellnummer erwartet man jedoch, in etwa 50 Prozent der Rohleistung des großen Bruders zu bekommen. Doch Nvidia betreibt lieber weiter das Spiel der Aufweichung etablierter Benamungskritieren (ein Spiel, wo ATI ja auch nicht unschuldig ist). Da die GeForce 8800 GTS und GTX heute noch gar nicht ausgenutzt werden können, wird in Benchmarks der Abstand zur GeForce 8600 GT/GTS vorerst nicht so groß ausfallen, wie ein Blick rein auf die Zahlen erwarten ließe – was seinerzeit übrigens auch die Verkäufer der GeForce2 MX ankurbelte.

Die Shader-Textur-Architekturbreite der GeForce 8600 Serie wurde jedoch gegenüber dem G80 geviertelt, die Speicherbandbreite immerhin noch gedrittelt. Insofern ergibt es Sinn, dass Nvidia die G80-TMUs offenbar aufgespalten hat, um in Benchmarks, wo es noch auf bilineare Texel-Füllrate ankommt, etwas besser dazustehen.


   Gestern, heute, morgen

Man darf spekulieren, dass Nvidia über kurz oder lang – mit verbesserten Fertigungstechnologien – auch größere Varianten verkleinerter G80-Versionen herausbringen wird. Für wahrscheinlich halten wir Zuschnitte auf 1/2 und 3/4 des G80-Chips oder eben eines seiner direkten Nachfolger. Derzeit wird ja schon über eine "GeForce 8700" Serie spekuliert - ob diese kommt, ist natürlich bei weitem noch nicht sicher.

Modernes Rendering mit Direct3D10-Technologie hat allerdings seinen Preis: Die teilweise wenig bekannten Anforderungen wie weitgehende IEEE-754-Compliance aller Rechnungen in "Single" (FP32) kosten viele Transistoren. Da darf (zumindest solange der WHQL-Test problemlos laufen soll) also nicht geschummelt werden. Damit die Nutzung der neuen Datenformate das Rendering nicht verlangsamt, muss es auch an vielen Stellen Umrechnungs-Einheiten geben. Daraus resultieren große Chips, was die Marge drückt.

Um mit den Direct3D10-GPUs preislich nach unten Spielraum zu haben und um in der kommenden Auseinandersetzung AMDs Grafikchip-Abteilung namens ATI ärgern zu können, ist die Schaffung der vergleichsweise schmalen Chips aus Nvidias Sicht sinnvoll. Dank der Unified Shader und der Skalarpipline-Technologie à la G80-Chip sind diese auch schneller als es zunächst den Anschein hat. Da nicht alles zur gleichen Zeit geschehen kann, ist es auch kein Problem, wenn nicht alle verkleinerten Versionen zur selben Zeit in den Markt gebracht werden. Das Problem ist, dass die Viertelversion gleich GeForce 8600 genannt wird.

Um sich das vor Augen zu führen: Ausgehend von der GeForce 6600 GT bietet die GeForce 8600 GTS in etwa die fünffache Shaderleistung, annähernd die dreifache Texturierungsleistung und immerhin die doppelte Speicherbandbreite. Doch die GeForce 6600 GT ist inzwischen lange nicht mehr der Maßstab. Zwar wird auch das bisherige Mittelklassen-Modell GeForce 7600 GT deutlich übertroffen, doch die Erwartungen der meisten Marktbeobachter und Käufer lagen wesentlich höher. Damit entpuppt sich nun aber die GeForce 8800 GTS mit 320 MiB RAM nicht als kurzfristiger Lückenbüßer, sondern mindestens mittelfristige als Verbindung zum HighEnd-Bereich.

Die 8600 GT (zum Preis von ungefähr 130 Euro) ist wiederum deutlich schwächer als die GeForce 8600 GTS. Früher hieß die "Beinahe-Ultra" GT und die deutlich niedriger getaktete Version hatte gar kein Kürzel. Damit weicht Nvidia bei der GeForce 8600 GT wiederum etablierte Benamungs-Kritieren auf.

Auf die gesamte derzeit beworbene Modellpalette betrachtet, ergeben die neuen Karten aber durchaus ihren Sinn: Die GeForce 7600 GT wird durch die GeForce 8600 GT (mindestens gleiche, oft höhere Leistung bei deutlich mehr Features) ersetzt, die 7900-er braucht auch keiner mehr; kleinere GF7-Modelle runden die Palette vorläufig nach unten ab – bis sie dereinst durch G80- oder G90-Derivate ausgetauscht werden. Doch die Kritik bleibt bestehen: Bei einer "600" im Namen wäre im Wesentlichen nur eine Halbierung der Architekturbreite zu erwarten und keine Reduzierung auf nur ein Viertel.


   Fazit

Den inzwischen bestehenden Anspruch an eine Grafikkarte mit dem Suffix "600" im Namen kann Nvidia derzeit jedenfalls nur teilweise gerecht werden, dafür ist der Leistungsabstand zu den HighEnd-Modellen viel zu groß. Noch zu Zeiten von GeForce 6600 GT und 7600 GT stand dieses Suffix einmal für Grafikkarten zu bezahlbaren Preisen, welche aber dennoch nicht mit Leistung geizten. Diese Zielsetzung kann die GeForce 8600 Serie wohl nur kurzfristig, sprich für den Augenblick erfüllen. Die technischen Daten deuten aber eher darauf hin, daß diese Karten viel schneller von neuen, modernen Spielen eingeholt werden als die vorherigen Mainstream-Generationen seitens Nvidia.






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