Matrox Parhelia Preview
14. Mai 2002 / von aths / Seite 7 von 7
Fazit
Wir möchten noch auf einen Punkt eingehen, welcher nichts mit der Technik zu tun hat: Dem Marketing. Im Vergleich zum Marketing eines großen Mitbewerbers empfanden wir das Matrox-Material als recht verständlich. Matrox´ Launch-Informationen verwenden deutlich mehr Diagramme und reden auch nicht so lange um den heißen Brei herum. Doch natürlich bleibt Marketing immer noch eben dieses: Werbung.
Bei vielen neuen Bezeichnungen haut auch Matrox ziemlich auf den Putz. Zudem enthält ihre Mitbewerber-Vergleichstabelle einige Fehler. Und nicht alles, was Matrox als Neuheit anpreist, ist auch eine. 10-Bit-RAMDAC, 64 Texel (Textur-Sampels) pro Pixel bieten teilweise eben auch die Mitbewerber. Die 4 Textur-Einheiten auf den Pipelines filtern nur bi- und nicht trilinear, wie bei der Konkurrenz üblich. Das relativiert den scheinbaren extremen Vorteil. Matrox zeigt gerne auf diese 4 Texturen pro Takt und Pass, die Einschränkungen wurden nur verklausuliert erwähnt.
Wir möchten es uns zudem nicht nehmen lassen, kurz über die Zukunft des Parhelias spekulieren. Einem Blick in die Kristall-Kugel sollte man allerdings natürlich nicht zu viel Gewicht verleihen. Die Zeit wird zeigen, ob und wie wir mehr oder weniger stark daneben lagen. Zunächst zur Nutzung von Displacement Mapping:
Es wird im Launch-Material ein Westwood-Mitarbeiter (Command & Conquer Serie) zitiert, welcher viel von Displacement Mapping zu halten scheint. Nun, derartige Zitate finden sich wohl für jedes neue Feature, auch wenn dieses dann doch nicht genutzt wurde. Dies trifft beispielsweise auch auf Metabytes Stepsister-Technologie oder 3dfx´ T-Buffer für Motion Blur Effekte zu.
So können wir im Augenblick zwar die Vorteile von Displacement Mapping nennen, doch für den Käufer ist letztlich relevant, ob die gekauften Features überhaupt einmal breitflächig unterstützt werden. Matrox erweckt hier mit einer Reihe von Zitaten den Eindruck, als hätten alle ernsthaften Entwickler auf diesen Chip nur gewartet. Diese Euphorie teilen wir jedoch nicht. Es freut uns, dass Matrox frischen Wind in die fortschreitende Technik bringt, doch mag bezweifelt werden, dass Displacement Mapping vor 2004 von einer nennenswerten Anzahl an Spielen unterstützt wird. Dazu müsste ein entsprechender Support auch auf Karten des Mainstream-Marktes vorhanden sein.
Doch nach unserer Auffassung wird auch die nächste Mainstream-Karte von nVidia gestellt - und sie heißt GeForce4 Ti. Denn diese setzt auf ein vergleichsweise kostengünstiges 128-Bit-Interface (mit DDR-Logik 256 Bit pro Takt). Zudem wird nVidia mit der Umstellung auf 0.13µm die ziemlich teure GeForce4 Ti preiswerter produzieren lassen können. Und spätestens mit der Einführung des NV30 und dem damit einhergehenden Preisrutsch für die bestehenden Produkte wird die GeForce4 Ti für eine größere Käuferschaar bezahlbar.
Dass die GeForce4-Technik dann nicht mehr ganz aktuell ist, wird preisbewußte Käufer weniger interessieren, zumal der Name "GeForce" landläufig noch immer ein absolut gängiges Synonym für "Gamerkarte" ist. Für viele, die heute noch eine DirectX7-Karte haben, wird DirectX8-Hardware angesichts des Preises wohl attraktiver sein als DirectX9-Hardware, oder im Falle Parhelia, teure DirectX 8.1 Hardware.
Mit dem 512-Bit-Interface zielt Matrox ähnlich wie 3DLabs natürlich schon auf die nächste Generation ab. Der Mainstream-Markt wird offenbar zunächst weiter von nVidia und natürlich auch ATI (mit möglicherweise überarbeitetem R200-Core) bedient, und zwar jeweils mit deren DirectX 8.1 Hardware. Mit anderen Worten: Es wird wohl wieder einmal zwei Jahre dauern, ehe die neue Effekte (DirectX9, OpenGL 2.0) wirklich Verbreitung finden.
Als mögliche Kaufgründe für den Parhelia fallen uns daher eher drei andere Dinge ein:
- Überlegene 2D-Features
- Extreme Roh-Leistung
- Bestes erhältliches Anti-Aliasing
Jedoch, aus vorheriger Liste, welches sich erst einmal hervorragend anhört, ergibt sich auch der einzige ganz große Stolperstein des Matrox Parhelia: Der Preis. Momentan gibt es hierzu allerdings keinerlei offizielle Angaben, inoffiziellerweise berichtet man jedoch von Preisen von 500 €uro aufwärts. Die Profi-Karten für den CAD-Bereich werden dabei wohl noch ein Stück teurer sein, begründet durch spezielle Treiber und höherwertige Hardware- und Softwareausstattung.
500 €uro plus hören sich nun erst einmal abschreckend an, jedoch bekommt man dafür - hier wären die ersten Benchmarks abzuwarten - eine extreme HighEnd-Leistung angeboten. Sofern ATi & nVidia mit ihren Herbst-Karten nicht ebenfalls ein 256bittiges DDR-RAM Speicherinterface anbieten oder aber auf TileBased Rendering umsatteln, sehen wir derzeit für die beiden Platzhirsche kaum Chancen, rein der Performance der Matrox-Karten etwas entgegenzusetzen. Damit rechtfertigt sich der fürstliche Preis der Matrox-Karte durch deren (wahrscheinlich) überlegene Leistung. Immerhin spielt der andere 512-Bit-Renderer dieses Herbstes, der 3DLabs P10, in der selben preislichen Liga.
Natürlich ist klar, daß der Matrox Parhelia damit auf keinen Fall ein Chip für alle ist - konkreter: Eher die wenigsten werden beim hohen Leistungsstandard der derzeitig verfügbaren 3D-Beschleuniger 500 €uro plus für eine einzelne Grafikkarte berappen wollen. Aber Matrox will mit dem Parhelia-512 auch anfänglich wirklich nur das absolute HighEnd-Segment sowie den (lukrativen) professionellen Bereich abdecken. Daß Ziel war der HighEnd-Markt - das jetzt der Preis wohl ebenfalls in diese Richtung geht, erscheint da nur logisch.
Jetzt zum Parhelia zu raten, würde natürlich aufgrund des Preises eher vermessen erscheinen. Daß wir den Chip "gut" finden, ist jedoch weitestgehend vom Preis neutral, womit wir zu diesem Urteil stehen können. Der Parhelia wird - wenn Matrox alle Pläne einhält, wenn alle dato noch etwas unsicheren Voraussagen halbwegs eintreffen und wenn die Treiber ausgereift sind - einen fast Rundherum-Glücklich-Grafikchip für jetzt und heute abgeben. Wir könnten ihn uns durchaus noch etwas besser vorstellen (trilineares Filtern for free + vollständig DirectX9-kompatibel), aber auch das derzeit gebotene kann exzellent überzeugen und legt die Meßlatte für die Herbst-Chips von ATi & nVidia extrem hoch an.
Nachtrag vom 18. Juni 2002:
Völlig im Zeitplan scheint Matrox´ Parhelia Projekt, da es heute seitens Matrox die offizielle Ankündigung der Parhelia-Grafikboards gab (vor einem Monat war rein nur die Ankündigung des Chips - Matrox trennt dieses von der Ankündigung der Boards). Im Juli (Starttermin für die USA: 30. Juni) sollen es zunächst eine 128-MB-Variante für den Consumer-Markt käuflich zu erwerben sein, diese wird in der Retail-Version mit 220 MHz Chip- und 275 MHz Speichertakt sowie mit 3.3 ns DDR-RAMs antreten - es ist im übrigen das erste Mal, das Matrox Taktfrequenzen offiziell bekanntgibt. Durch das 256bittiges Speicherinterface kommt eine derartige Karte auf stolze 16,4 GB/sec Bandbreite (GeForce4 Ti4600: 9,7 GB/sec auf 1024^3 Basis) - Matrox verlangt dafür allerdings auch den ebenso stolzen Preis von 549 €uro.
Daneben gibt es noch eine Bulk-Version mit 200 MHz Chip- und 250 MHz Speichertakt, welche dann mit schätzungsweise 480 €uro zu Buche stehen sollte. Die Bulk- und die Retail-Version soll man im übrigen durch spezielle Kennzeichnungen unterscheiden können. Zudem wäre zu beachten, daß speziell die deutschen Listenpreise von Matrox normalerweise noch einigen Spielraum für die Händler enthalten, so daß die Matrox-Straßenpreise gewöhnlich einige Prozente niedriger liegen als jene Listenpreise. Eine 64- und eine 256-MB-Version sollen dann später in diesem Sommer noch folgen. Unverständlicherweise will Matrox zum Start dieser Karte aber nur Windows 2000 und Windows XP Treiber liefern - Treiber für Windows 9x User soll es erst im Herbst geben.