Grafikchip-Ausblick 2003
5. Januar 2003 / von Leonidas / Seite 1 von 4
Einleitung
Dieser Artikel soll einen gewissen Überblick über die im Jahr 2003 anstehenden neuen Grafikchips geben. Da zu diesen kaum wirklich verifizierte Daten vorliegen, werden wir fast ausschließlich auf inoffizielle Informationen zurückgreifen müssen bzw. teilweise auch nur eigene Vermutungen äußern, die aber dann auch als solche gekennzeichnet werden. Mit Sicherheit wird sich an den hier präsentierten Daten noch einiges ändern, allerdings ist dies das beste an Informationen, über welche wir momentan verfügen.
Die in den nachfolgenden Überschriften genannten Termine beziehen sich im übrigen allesamt auf die von uns geschätzten Auslieferungstermine der einzelnen Grafikchips. Zwar mögen die Vorstellungstermine der Chips teilweise besser bekannt sein, jedoch verzerrt sich das Bild zu stark, wenn man kaufbare Grafikkarten mit nur rein vorgestellten und nicht kaufbaren Grafikkarten vergleicht.
Angemerkt sei, daß wir die geplanten mobilen Grafikchips (ATi M10, nVidia NV31M & NV34M sowie S3 Columbia-SMA) hier nicht erwähnen werden, da dies eine reine Betrachtung von Desktop-Grafikchips sein soll. Ebenfalls auslassen werden wir Chipprojekte für den Workstation-Markt, was unter anderem alle 3Dlabs-Projekte einschließt, einmal davon abgesehen, daß zu künftigen Projekten jenes Herstellers derzeit nicht der Hauch einer Information existiert.
Januar: ATi Radeon 9100
Ab Januar werden erste Grafikkarten mit ATi´s Radeon 9100 Grafikchip zu Preisen von um die 100 Euro in den Handel gelangen. Dieser Chip ist allerdings derzeit von ATi nur den eigenen Boardherstellern vorgestellt worden, eine offizielle Präsentation oder aber eine Notiz auf den ATi-Webseiten fehlt nach wie vor. Doch eigentlich ist dieser Chip gar kein wirklich neuer Chip, vielmehr stellt jener eine reine Abverkaufsaktion für die noch reichlich auf Lager liegenden R200-Chips (Radeon 8500) dar. Die technischen Daten sind schließlich auch identisch zur Radeon 8500, die Taktfrequenz wird 250/250 MHz betragen.
Demzufolge wird ATi auch mitnichten regelrecht neue R200-Chips bzw. Radeon 9100 Grafikkarten produzieren, jetzt werden schlicht die vorhandenen Bestände an R200-Chips unter das Volk gebracht, anstatt man diese einfach abschreiben muss. Danach wird es wohl wieder mit Radeon 9000 Grafikkarten weitergehen, da diese für ATi und auch die Boardhersteller das bessere Profit-Verhältnis aufweisen. Was allerdings die Radeon 9100 als 3D-Beschleuniger nicht schlecht macht, der R200-Chip ist als DirectX8-Beschleuniger nach wie vor up to date und Radeon 9100 Grafikkarten sind zu den angepeilten Preisen von um die 100 Euro sicherlich absolut marktfähig. Nur "neu" ist der Chip eben nicht.
Februar: nVidia GeForceFX
Eigentlich ist die GeForceFX ja schon seit Mitte November vorgestellt, doch nach wie vor fehlen trotz der Ankündigung von nVidia, noch im Dezember 2002 ein paar Karten auf den amerikanischen Markt zu werfen, eben jene kaufbaren Boards. Was kein wirklicher Beinbruch ist, da wir unsererseits die Karten für Europa sowieso eher erst im Februar erwartet haben, frühestens noch im Januar. So gibt es auch ein paar Ankündigungen einiger Boardhersteller für Januar, ob diese jenen Termin allerdings halten werden können, wird man sehen müssen. Da es bis jetzt noch keine einzige GeForceFX-Karte zu einem unabhängigen Tester geschafft hat, sehen wir eine Auslieferung der GeForceFX-Boards noch im Januar eher skeptisch.
Wie bekannt basiert die GeForceFX auf einer Architektur von 8 Rendering-Pipelines auf 500 MHz Taktfrequenz für die "GeForceFX 5800 Ultra", während die zeitgleich zu releasende Variante "GeForceFX 5800" nur mit ca. 400 MHz Taktfrequenz antreten wird. In beiden Fällen ist die Rendering-Leistung jedoch teils wesentlich höher als bei ATi´s Radeon 9700 Pro (ebenfalls 8 Rendering-Pipelines, aber "nur" 325 MHz Chiptakt), insofern erst einmal gute Voraussetzungen für die neueste Generation von nVidia.
Nachteile hat nVidia allerdings bei der theoretischen Speicherbandbreite: Zwar hat man mit 500 MHz (bzw. ca. 400 MHz bei der kleineren 5800 ohne Ultra) wieder den weit höheren Speichertakt gegenüber der Radeon 9700 Pro (310 MHz), dafür tritt jene mit einem 256 Bit DDR-Speicherinterface an und nVidia nur mit einem 128 Bit DDR/II Speicherinterface. Das "DDR/II" ist für die Performance in dem Sinne unrelevant, ergo ergibt sich für nVidia ein Nachteil von rund 24 Prozent bei der theoretischen Speicherbandbreite.
Allerdings ist diese theoretischen Speicherbandbreite bei den heutigen Grafikchips von ATi & nVidia wirklich nur noch theoretisch: Entscheidend sind die Bandbreite-schonenden Maßnahmen. Hier kann nVidia den Vorteil in de Waagschale werfen, daß das eigene Speicherinterface mit 4 x 32 Bit DDR/II kleiner unterteilt ist das der Radeon 9700 Pro mit 4 x 64 Bit DDR und somit auf jeden Fall eine höhere Effizenz aufweisen wird. Ob dies reichen wird, um die 24 Prozent nominellen Nachteil auszugleichen, wird man sehen müssen. Ebenfalls ungewiss ist derzeit, in wie weit die anderen Bandbreite-schonenden Maßnahmen des nVidia-Chips besser oder schlechter als jene des ATi-Chips funktionieren, dies wird sich nur durch Benchmarks finaler Produkte herausfinden lassen.
Rein von der Ansetzung her denken wir allerdings, daß nVidia bei der Rendering-Leistung teils klar vorn liegt und bei der Speicherbandbreite ungefähr auf gleicher Höhe. Da sich der ATi-Chip in den meisten Messungen als eher Chip-limitiert als Speicher-limitiert zeigt, wird der Vorteil nVidia´s bei der Rendering-Leistung sich besonders auszahlen. Insofern gehen wir bezüglich der Performance momentan von einem klaren Sieg des nVidia GeForceFX Chips in Form der GeForceFX 5800 Ultra aus, wobei jene Karten mit gut 500 Euro anfänglich auch weit mehr als die Radeon 9700 Pro kosten werden. Die niedriger getaktete GeForceFX 5800 ohne Ultra wird sich allerdings wohl nur auf gleicher Höhe wie die Radeon 9700 Pro einordnen können.
Ein Preis zu dieser kleineren GeForceFX-Ausführung ist noch nicht bekannt, wird sich aber wohl klar an den dann aktuellen Radeon 9700 Pro Preisen ausrichten müssen, also irgendwo in der Nähe von 350 Euro. Anzumerken wäre noch, daß es die Vermutung gibt, nVidia würde im 2. Quartal als Reaktion auf ATi´s R350 noch eine weitere GeForceFX-Variante mit einer Taktrate von um die 600 MHz auf den Markt werfen. Dies wäre bei einem Erfolg des R350-Chips nicht unlogisch, ob nVidia allerdings diesen hohen Takt so schnell aus dem GeForceFX-Chip herausholen kann, wird sich zeigen müssen.
1. Quartal: Trident XP4
Trident´s XP4 beschäftigte uns schon über das ganze Jahr 2002, wurde der Chip doch ursprünglich schon im April 2002 angekündigt. Ursprünglich zur Auslieferung für das Ende des Jahres 2002 geplant, hat Trident die eigenen klar gefassten Zeitpläne jedoch nicht einhalten können, so daß es selbst im November 2002 nur zu einem Überblick über die Spezifikationen des XP4-Chips reichte. Dabei wäre der XP4-Chip als wirklich billige DirectX8-Lössung durchaus hochwillkommen im Markt gewesen.
Jedenfalls ist nun mit dem 1. Quartal als Auslieferungszeitpunkt zu rechnen. Sollten sich jedoch die Terminplanungen von Trident noch weiter verzögern, kann man das Projekt eigentlich gleich ganz einstampfen. Denn für den HighEnd- oder den Mainstream-Markt war der XP4 nie gedacht, und unterhalb des ursprünglich angepeilten LowCost-Marktes gibt es halt keinen weiteren Markt mehr (abgesehen vom integrierten Markt). Dementsprechend sieht auch die Architektur des XP4 aus: 4 Rendering-Einheiten mit je 2 Textureneinheiten in 0.13 micron zusammen mit DirectX8-Funktionalität.
Hochinteressant am XP4-Design sind zwei Dinge: Erstens wird das Bild in Kacheln (Tiles) und nicht in Linien abgearbeitet die Grundeinheit des Chips bleibt aber weiterhin das Dreieck und keine Kacheln), was Speicherbandbreite spart. Außerhalb dessen sind allerdings keine wohl keine weiteren Bandbreite-schonenden Maßnahmen oder eine Unterteilung des Speicherinterfaces geplant. Und zweitens "sharen" die Rendering-Pipelines diverse Pipeline-Teile untereinander. Somit erklärt sich auch die sensationelle Transistorenmenge von nur 30 Millionen, was den Chip schön billig herzustellen und gleichzeitig jederzeit passiv kühlbar macht.
Geplant waren und sind wohl noch drei unterschiedliche Varianten, wobei die T1-Variante mit nur 64 Bit DDR-Speicherinterface wohl nicht relevant ist. Interessant wären nur T2 mit 128 Bit DDR-Speicherinterface und - laut letzten Informationen - 230/230 MHz Taktfrequenzen und die T3-Variante mit demselben Speicherinterface und 250/250 MHz Taktfrequenzen. Die Performance liegt gemäß Vorab-Tests von Beta-Boards allerdings nicht auf Niveau der gleichgetakteten GeForce4 Ti Grafikchips, sondern gut 20 Prozent darunter. In wie fern Trident diese Leistungen mit finalen Chips und Boards noch verbessern kann, ist derzeit ungewiss.
Der wirklich markante Vorteil des XP4 kann demzufolge allerdings nur der Preis sein. T2 ist für ca. 100 Euro, T3 für ca. 120 Euro zu erwarten, so zumindestens die Planung von Trident aus dem letzten Jahr. Damit sollte man nun aber wirklich schleunigst auf den Markt kommen - zwar kosten GeForce4 Ti4200 Grafikkarten immer noch etwas mehr, aber die Radeon 8500/9000 Grafikkarten sind inzwischen auch schon bei fast diesen Preisen angekommen. Je später Trident den XP4 in den Markt bringt, desto hoffnungsloser wird das XP4-Vorhaben, einen wesentlich besseren Preis bieten zu können.
Das heißt, daß Trident eigentlich schon jetzt das gesteckte Preisziel nach unten korrigieren müßte, um gegen die Marketingmacht von ATi und nVidia bestehen und seinen eigenen Teilmarkt für den XP4 finden zu können. Leider hüllt man sich bei Trident momentan in komplettes Schweigen, was nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist. Es ist nicht auszuschließen, daß der XP4 den regulären Markt nie erreichen wird, auch wenn dies aufgrund des interessanten Designs des Chips zu bedauern wäre.