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Raubkopierer sind Verbrecher

28. November 2003 / von Leonidas / Seite 2 von 2


Gut, nach reichlich Kritik an dem Vorgehen der Filmindustrie wollen wir natürlich nicht so dastehen, als würden wir nur kritisieren, aber keine Lösungen parat haben. Denn Lösungen braucht das Land - auch wenn sicherlich das Thema Raubkopien bei Filmen angesichts der tatsächlichen Probleme dieses Landes weder wirklich wichtig, noch - wie vorstehend dargelegt - für die Filmindustrie auch nur im Ansatz existenzbedrohend sind.

Die Lösung zum Problem der privaten Raubkopierer (gewerbliche Raubkopierer sind ein Fall für die Ermittlungsbehörden, da hier ein tatsächlicher Schaden entsteht sowie ein organisiertes kriminelles Handeln vorliegt) liegt in erster Linie im Zugehen auf die Wünsche des Kunden. Es mag seltsam klingen, aber die Filmindustrie muß schlicht nichts anderes erkennen, als daß der Kunde König ist. Bisher hält man jedoch an seiner eigenen heilen Welt fest und versucht dieses einmal aufgebaute Traumschloß lieber über neue Gesetze zu verteidigen, als gegenüber den sich ständig ändernden Anforderungen eines in Bewegung befindlichen Marktes zu reagieren.

In einer Zeit, in welcher die Bürger dieses Landes von den Arbeitsämtern zur Aufgabe des Wohnortes und Umzug mit Kind und Kegel in eine unbekannte Gegegend gezwungen werden, nur damit man dort einen unterbezahlten und nicht sicheren Job antreten "darf" und keine Kürzung der eigentlich mit den eingezahlten Versicherungsbeträgen garantierten Sozialleistungen befürchten muß, ist dieselbe Flexibilität auch von der Filmindustrie einforderbar. Gerade Wirtschaft besteht aus ständigem Wandel - wenn wir Dienst nach Vorschrift wollten, hätten wir die Bundesrepublik der DDR anschließen sollen ;-). Insofern ist gerade die Filmindustrie aufgefordert, ihr bisher mit Zähnen und Klauen verteidigtes, jedoch schlicht nicht mehr modernes und nur bedingt zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu überdenken und dabei folgende Alternativen in Betracht zu ziehen:

  • Die Zeitgleichheit von weltweiten Filmstarts (oder zumindestens in Amerika und Europa zur gleichen Zeit) ist eine exzellente Maßnahme, um Raubkopien vorzubeugen, welche allein deswegen entstehen, weil Film teilweise erst nach Monaten in unsere Kinos oder unsere Videotheken kommen. Insbesondere in der heutigen globalen Informationsgesellschaft sollte es der Filmindustrie eigentlich klar sein, daß der US-Start eines Films von entsprechenden Fans eben auch hier registriert wird. Und daß weltweit gleichzeitige Filmstarts möglich sind, beweisen ja schließlich auch schon einige Filme wie "Matrix: Revolution" oder regelmäßig die Filme aus der James Bond Reihe.

  • Um Raubkopien zu verhindern, welche noch vor dem US-Start eines Films kursieren, muß die Filmindustrie sich vorwiegend zuerst an die eigene Nase fassen. Nach einer Studie kommt der Großteil dieser Raubkopien aus interner Quelle, sprich wird von Angestellten der Filmindustrie selber weitergegeben. Mit einer höheren internen Sicherheit läßt sich dieses Problem zum größten Teil aus der Welt schaffen.

  • Das Projekt des legalen Film-Downloads per Internet muß unbedingt vorangetrieben werden. Der derzeitige Plan Hollywoods, dies im Sommer 2005 zu realisieren, ist zwar löblich, muß aber trotzdem die Kritik einstecken, daß jenes immer noch viel zu spät kommt. Das Problem der illegalen Filme-Downloads per Internet konnte man schon anno 1999 zu den großen Zeiten von Napster und MP3 kommen sehen - wer sich damals schon um eine Lösung gekümmert hätte, könnte diese jetzt einsatzbereit aus der Tasche ziehen.

  • Es muß dringend darüber nachgedacht werden, die traditionelle Verwertungskette zu durchbrechen. Bisher kommen Filme ins Kino, nach einem halben Jahr dann in den Verleih und nach einem weiteren halben Jahr in den Verkauf bzw. auf Pay-per-view. Erst ca. 2 Jahre nach Kinostart kommen diese dann ins freie Fernsehen - so maximiert die Filmindustrie ihre Profite. Daß der deutsche Staat im übrigen bei dieser Profitmaximierung durch Medien-Gesetze und -Verordnungen tatkräftig mithilft, indem jener diese Sperrfirsten zementiert, kann sicherlich auch nicht im Sinne einer Marktwirtschaft laut dem Grundgesetz sein.

    Der Punkt ist, daß es auch im Zuge der weiteren Verbreitung von hochqualitativen Heimkino-Anlagen sinnvoll erscheint, Filme auch schon zum Kinostart als DVD oder Downloads zum Kauf oder zur Leihe anzubieten. Insbesondere der Zielgruppe der Cineasten, welche viel Geld für ihre Heimkino-Anlagen ausgegeben haben, dürften wohl kein Problem mit den Preisen für diese DVDs bzw. Downloads haben - wenn sie denn überhaupt angeboten werden. Entscheidend wäre also, daß man den illegalen Angeboten hier problemlos mit legalen Angeboten den Wind aus den Segeln nehmen kann, denn die Zielgruppe dieser Angebote ist durchaus zahlungswillig und -kräftig.

  • Insbesondere in Deutschland muß die Angebotsbreite der Filmindustrie unbedingt stark erhöht werden. Mittels der heutigen Technik ist es völlig problemlos, auch unbekannte Filme über das Internet per Download zu vertreiben. Man braucht halt nicht mehr einen entsprechenden Vorrat an DVDs oder VHS-Videos, sondern allein eine digitale Kopie reicht für den Internet-Vertrieb aus. Damit könnte man sich einen völlig neuen Markt für Filmliebhaber aufbauen, welche für ihre privaten Sammlungen seltener Filme sicherlich gern bezahlen - wenn einfach nur das Angebot vorhanden ist.

  • Illegale Film-Downloads per Internet erfolgen üblicherweise im CD-Format (ca. 650 MB), weil die Bandbreite der meisten Nutzer für eine DVD-Qualität (ca. 4 GB) doch zu gering ist. Hier kann die Filmindustrie den Umstand ausnutzen, daß sich an diesem Zustand auch in den nächsten Jahren nicht viel ändern wird: Standleitungen mit einer Bandbreite von mehreren MB/sec werden auch in Zukunft für die meisten Privathaushalte uninteressant sein, womit deren Preis weiterhin hoch bleiben wird und somit als beste Varianten weiterhin DSL und Kabel-Anschlüsse mit Bandbreiten von 80-300 kB/sec die übergroße Masse aller installierten Breitband-Anschlüsse darstellen wird.

    An dieser Stelle kann nun die Filmindustrie schlicht mit der besseren Qualität ihrer DVDs pokern - dieser Vorteil muß einfach nur deutlicher gegenüber dem Konsumenten herausgestellt werden (dazu sollten DVDs dann aber natürlich auch Filme in DVD-Qualität und nicht in CD-Qualität enthalten). Das Geld, was die Filmindustrie in die Raubkopierer-Kampagne steckt, wäre hier wohl besser angelegt. Würde man die Konsumenten wirklich restlos von DVDs überzeugen können, würde sich wohl nur noch ein Bruchteil der Konsumenten illegale Kopien in CD-Qualität ziehen oder anfertigen.

Was die Filmindustrie im Gegensatz zu diesem Vorschlägen aber auf keinen Fall versuchen sollte, ist eine Beschränkung der Rechte der Konsumenten durch Digital Rights Managment (DRM) Maßnahmen. Wenn 2005 von Hollywood nur DRM-verseuchte Filme angeboten werden, welche dann beispielsweise nur auf einem einmal festgelegten PC laufen, unterläuft man nur die eigenen Anstregungen gegen die Raubkopierer und gibt jenen einen neuen Vorwand, ihrem Raubkopierer-Tun erneut zu frönen. Ohne der entsprechenden Kundenfreundlichkeit wird man in Hollywood keinen Erfolg mit Film-Downloads per Internet haben können.

Und dies gilt generell: Stellt Hollywood die eigene Sicherheit vor Raubkopierern über die Interessen der Kundschaft, wird die Kundschaft ihr Interesse nach den passenden Produkten über die Pflicht zur Bezahlung stellen. Sprich: Die Mentalität der Film- und auch der Medienindustrie, der Kundschaft ein bestimmtes Produkt in einer bestimmten Verpackung unter bestimmten Bedingungen vorzusetzen, muß unbedingt aufhören. Sowohl Produkt, als auch Verpackung und Bedingungen sollte in einer Marktwirtschaft der Kunde bestimmen - die Industrie muß dafür allein einen Preis festsetzen, welcher zu löhnen ist.

So lange aber die Medienindustrie sich breitflächtig schlicht weigert, diese Produkte anzubieten, welche der Konsument wünscht, so lange wird Raubkopiererei ein Massenphänomen bleiben. Und der Konsument wünscht keine Produkte, in welchen DRM enthalten ist, welche sich in bestimmten Geräte nicht und auf dem PC generell nicht abspielen lassen oder aber welches mit unmöglichen Lizenzbestimmungen daherkommt. Dieser Punkt wird von der Medienindustrie logischerweise nie erwähnt und leider von den Massenmedien derzeit noch nicht erkannt. Dies sollte sich jedoch schleunigst ändern, denn nicht nur die Konsumenten brauchen den sanften Druck, um mit der Raubkopiererei aufzuhören, sondern auch die Medienindustrie bräucht diesen Druck, um endlich diese Produkte anzubieten, welche vom Konsumenten gewünscht werden.

Raubkopierer wird es immer geben, sowohl gewerbliche als auch private. Während erste ein klares Problem für die Ermittlungsbehörden darstellen, gilt es bei den privaten vor allem darum, das Massenphänomen "Raubkopie" zu bekämpfen. Ein paar Unbelehrbare wird es immer geben, doch diese sind in der Minderzahl - denn die Mehrheit der User will für Qualität zahlen. Es liegt an der Medienindustrie, endlich diese Qualität anzubieten, welche der Konsument will - und nicht jenes, was die Medienindustrie für "Qualität" hält. Denn auch hier gilt letztlich: "Der Kunde ist König" - und er kauft nur Sachen, die ihm auch passen und nichts, was er per Zwang vorgesetzt bekommt.

Demzufolge ist die neuerliche Raubkopiererei-Abschreckungskampagne nur als kontraproduktiv zu betrachten. Damit entlarvt sich die Filmindustrie als jemand, welcher auf Teufel komm raus mit nicht haltbaren Argumenten Eindruck zu schinden versucht und anstatt das Problem zusammen mit dem Konsumenten lieber über die bewußte Manipulation der Entscheidungsträger in der Regierung sowie der Öffentlichkeit zu lösen versucht, um allein für sich positive Gesetze zu initiieren. Die Lösung des Problems kann aber nur zusammen mit den Konsumenten erfolgen - und niemals gegen die Konsumenten.



Nachtrag vom 29. November 2003:

Es kam in der Diskussion zum Artikel die Frage auf, wo die Raubkopie anfängt. Als Beispiel wurde dabei genannt, daß man sich nach einem Kino-Besuch einen Film in der Videothek ausleiht und kopiert. Dazu sei folgendes gesagt: Film gilt im Gegensatz zu Musik rechtlich als eine Sache, welche nur einmal verwertet werden kann. Sprich: Die Rechteinhaber besitzen einen einmaligen Verwertungsanspruch - sobald man nur einmal für eine Verwertung in irgendeiner Form (Kino, Videothek oder Fernsehen) bezahlt hat, haben die Rechteinhaber keinen Anspruch mehr auf weitere Verwertungs-Gelder.

Dieser nicht vorhandene Anspruch drückt natürlich nicht aus, daß man hemmungslos kopieren darf, genauso wenig, wie das man nach dem Kinobesuch an Anspruch darauf hätte, denselben Film in der Videothek kostenlos ausleihen zu dürfen. Geld für die Nutzung darf weiterhin von der Videothek verlangt werden, die Sache wird nur dann bezüglich des Urheberrechts unrelevant. Und beim Kopieren gilt wie immer die Einschränkung, daß dabei kein Kopierschutz geknackt werden darf.

Aber ansonsten gilt: Ja. Sobald man einmal legal für einen Film bezahlt hat, darf man sich eine Privatkopie anfertigen und behalten. Die Kopie einer in der Videothek ausgeliehenen VHS-Kassette für den rein privaten Gebrauch war noch nie illegal - nur sind mittels des neuen Urheberrechtsgesetzes die Kopierschutzdekoder illegal geworden und inzwischen auch aus dem Handel verschwunden. Insofern eine VHS-Kassette oder eine DVD jedoch keinen Kopierschutz hat, darf diese kopiert werden. Die am Anfang dieser VHS-Kassette bzw. DVD auftauchenden Copyright-Hinweise scheinen dies zwar auszuschließen, sie sind aber einfach nur clever geschrieben: Unbedarfte Nutzer sollen dort lesen, daß jegliches Kopieren verboten sei. Rechtlich betrachtet drückt der Text aber nur aus, daß Kopieren zu gewerblichen Zwecken untersagt ist.

Ändern wird sich diese Rechtslage erst mit DRM-verseuchten Medien. Wenn man für die Ausleihe einer DVD oder oder den Download eines Films per Internet zusätzlich jedesmal noch der Lizenz des Rechteinhabers zustimmen muß, können diese Rechteinhaber in jene Lizenzen zusätzlich noch jeden Müll hineinschreiben, welcher ihnen einfällt (beispielsweise auch, daß die Bedingungen der Lizenzen jederzeit geändert werden können - eine bei Rechteinhabern sehr beliebte Bedingung). Bei den derzeitigen VHS-Kassetten und gewöhnlichen DVDs ist dies noch nicht möglich, dort existiert auch ein Nutzungsanspruch seitens des Kunden, welchen der Verleiher/Verkäufer nicht beschränken darf. Mittels DRM, also einem jedesmal anders formulierten Einzelvertrag für jeden einzelnen Leih- oder Kaufvorgang kann die Industrie diese Schutzfunktion für den Kunden leider komplett aushebeln.

Besonders bedauerlich ist, daß der deutsche Staat hier kräftig mit dabei ist, DRM zum allgemeinen Standard zu erheben und damit die Medienindustrie in die Position bringt, den Käufern ihrer Inhalte regelrechte Knebelverträge ohne Rechte für die Käufer selber aufdrängen zu können. Der Staat verletzt hier in einem erheblichen Ausmaß seine Schutzfunktion für die jetzt schon schwächere Partei, nämlich den Käufer und Leiher von Filmen und Musikstücken.

Zudem wurden wir (richtigerweise) darauf hingewiesen, daß die von uns verwendeten Begriffe wie "Raub", "Diebstahl" oder "Piraterie" allesamt unrichtig bezüglich "privaten Raubkopien" sind (und schon haben wir den falschen Begriff wieder verwendet). Raub bezeichnet eine Diebstahls-Tat, bei welcher es zur Anwendung oder Androhung von Gewalt kommt. Diebstahl und Raub gemein ist, daß etwas entwendet wird, was dann nachher regelrecht fehlt.

Im Fall von Urheberrechtsverletzungen, was wohl der einzig zutreffende Begriff ist, wird aber weder Gewalt angedroht noch ausgeführt oder aber ein Gegenstand oder Daten entwendet. Es wird einzig allein eine unrechtmäßige Kopie von Daten erstellt. Nebenbei untermauert dies auch noch einmal die Unsinnigkeit der Forderungen der Medienindustrie und - leider - auch diverser Politiker nach drastisch härteren Strafen. Man kann nicht einen Diebstahl oder einen Raub milder betrafen als eine Tat, welche in ihrer Klasse klar niedriger anzusiedeln ist.






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