Bitboys´ Glaze3D & Avalanche
27. September 2002 / von Leonidas / Seite 6 von 7
Avalanche
Der Avalanche ist eigentlich nur ein neuer Name für das lange Zeit namenlose ehemalige Glaze3D-Projekt, jedoch lassen sich mit dem Avalanche auch handfeste Änderungen verbinden. Im nachhinein ist es sehr schwierig festzustellen, wo der Glaze3D endet und der Avalanche anfängt - wahrscheinlich gibt es sowieso einen eher fließenden Übergang. Wir setzen als Termin hierfür kurzerhand den März 2001 fest, weil die Bitboys zu diesem Zeitpunkt offenlegten, daß das Speicherinterface ihres Chips von 512 Bit auf 1024 Bit erhöht wird.
Damit ergab sich eine dramatisch hohe Bandbreite von über 20 GB/sec für den Avalanche-Chip - was erst jetzt gegen Ende 2002 von der Radeon 9700 erreicht wurde. Gleichzeitig erhöhte man die Menge des eingebetteten Speichers auf 12 MB, womit Auflösungen bis zu 1280x1024 unter 32 Bit in diesen superschnellen Speicher gepasst hätten, unter 2x Supersampling Anti-Aliasing bis zu 1024x768 und unter 4x Supersampling Anti-Aliasing bis zu 640x480, jeweils unter 32 Bit.
Jedoch sollte der Avalanche bereits eine weiterentwicklete Anti-Aliasing Methode unterstützen "Matrix Anti-Aliasing" genannt. Laut Bitboys-Aussagen sollte diese mehr oder weniger "4 free" sein, so daß möglicherweise von einer hochoptimierten Multisampling-Variante ausgegangen werden kann. Diese dürfte dann wohl auch nicht den hohen Speicherverbrauch einer Supersampling-Lösung aufweisen, so daß die Auflösungs-Limitierung durch den eDRAM unter Anti-Aliasing beim Avalanche wohl kein Problem mehr gewesen wäre.
Die wesentlichste Änderung des Avalanche ist jedoch der Support von DirectX 8.1 Vertex und Pixel Shadern, womit die Bitboys in gewissen Sinne wieder zu den Anfängen, dem Pyramid3D, zurückkehrten. Auch dieser besaß schon anno 1996 eine frei programmierbare Geometrie-Einheit und eine frei programmierbare Rendering-Einheit. Während die frei programmierbare Geometrie-Einheit danach auch für den Ur-Glaze3D und den modernen Glaze3D verwendet wurden, sollte erst der Avalanche wieder eine frei programmierbare Rendering-Einheit besitzen. Dieser Vertex Shader sollte im übrigen gleich vierfach ausgelegt werden wie jener der Radeon 9700.
Ansonsten entspricht das Design des Avalanche dem des modernen Glaze3D: 4 Rendering-Pipelines mit je 2 Textureneinheiten, wahrscheinlich inklusive alle der schon beim modernen Glaze3D aufgezählten Features. Leider gibt es zum Avalanche keine Informationen, ob und welche neuen Features im Vergleich zum modernen Glaze3D mit an Board gekommen wären. Der Chiptakt war zumindestens zwischen 175 und 200 MHz geplant, was zu der superb hohen Bandbreite eine doch - für heutige Verhältnisse - eher unterdurchschnittliche Rendering-Leistung ergeben hätte.
Der Grund für den niedrigen Chiptakt war die Größe des Chips, welcher durch den eingebetteten Speicher über 100 Millionen Transistoren betragen haben muß. Zudem spielte beim Chiptakt auch der Fertigungsprozeß eine Rolle: Während nVidia ab Anfang 2001 die GeForce3 in 0.15 micron bei TSMC herstellten ließen, waren die Bitboys an den 0.17 micron Prozeß von Infineon gebunden, da nur diese über die Voraussetzungen für die Herstellung eines Chips mit eingebettetem Speicher verfügten.
Als Release für den Avalanche war Anfang 2002 geplant, die direkte Konkurrenz wäre dann also die GeForce4 Ti gewesen. Eine Leistungsprognose ist allerdings sehr schwer zu stellen, die etwas ungünstigen Verhältnisse zwischen Renderingleistung und Bandbreite lassen sich aber gut mit denjenigen bei Matrox´ Parhelia vergleichen. Wahrscheinlich wäre auch der Avalanche gegen das hochoptimierte Design der GeForce4 Ti nur zweiter Sieger geworden, allerdings hätte das die geplante DualChip-Konfigurationen wieder ausbügeln können.
Ende 2001 ergab sich nun, daß die Bitboys das erste Mal seit dem Beginn des originalen Glaze3D-Projekts lauffähige Sample des Avalanche-Chips in den Händen hielten. Es ging damit also "nur" noch um die Beseitigung von kleineren Fehlern im Design und dann um die Vorbereitungen zum Start der Massenproduktion.
Doch genau in diesem Augenblick machte den Bitboys ihr Produktionspartner Infineon einen Strich durch die Rechnung. Diese stellten nämlich Ende 2001 die verlustreiche eDRAM-Produktion ein und so standen die Bitboys ohne Produktionspartner ein. Und nicht nur, daß ein Wechsel des Produktionspartners üblicherweise sowieso Monate dauern würde - bei der Schwierigkeit der Herstellung von Chips mit eingebettetem Speicher dauert ein solcher Wechsel noch wesentlich länger und es gibt zudem nur höchst wenige Chip-Fertiger, welche den eDRAM-Prozeß überhaupt beherrschen.
Und so schwirrten schon Ende des letzten Jahres entsprechende Gerüchte durchs Web, daß der Avalanche-Chip aufgrund des Rückzugs von Infineon dann doch nicht kommen würde und sich die Bitboys gleich dem Design eines nachfolgenden Chips widmen würden. Von den Bitboys selber blieben diese Informationen lange Zeit unkommentiert - bis man am 4. September 2002 eben jenes offiziell bestätigte und damit auch das Avalanche-Projekt offiziell einstellte.