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DDR-RAM-Benchmarks - nett, aber falsch

31. Oktober 2000 / von Leonidas


"DDR-Speicher bewirkt bei allen Anwendungen (Office, Spiele, Video) eine spürbar höhere Performance" (Tom´s Hardware Guide), "The 760 chipset has shown us that DDR SDRAM will indeed improve upon performance of the Athlon systems" (AMD Zone), "As we've seen, AMD's 760 offers excellent performance for gaming but lags a bit running content creation and office productivity benchmarks." (Sharky Extreme), "Erfreulich ist die Leistungssteigerung bei 3D-Spielen, die mehr Speicher-Performance benötigen." (tecChannel), "DDR memory offers substantial performance gains—as high as 25 or 30%—with no notable drawbacks" (The Tech Report), "We were very impressed with the performance of our 760 system" (Thresh´s FiringSquad) ...

Sorry, aber was soll das? Mag ja noch sein, daß DDR-RAM für Anwendungs-Software Vorteile bringt. Wobei ich den Kreis der Anwender, welche solch leistungshungrige Software einsetzt, daß man die aktuellen 800-MHz-Systeme auch wirklich ausnutzen kann, doch für immer kleiner werdend halte. Aber Spiele? Schneller durch DDR-RAM? Sicher - wenn man so viel extremen Bockmist baut, wie diesmal bei den Benchmarks geschehen. Dann können schon einmal diese Statements herauskommen - aber dann haben sich die selbsternannten Hardware-Götter duch ihre verfälschenden Benchmark-Setups selber in die Falle geführt.

Dazu später mehr, zuerst zu den Fakten: Zeitgleich zu der Vorstellung des AMD760-Chipsatzes gestern gab es im Web schon einen Haufen Reviews dieses Chipsatzes mit DDR-RAM-Unterstützung für Athlon-/Duron-/Thunderbird-CPUs zu lesen (Plus zwei Wortmeldungen zu VIA´s Apollo Pro266 für den P3):

Test: AMDs DDR-Chipsatz und neuer Athlon (d) [tecChannel]
AMD 760 Chipset Supporting DDR Review (e) [Gamers Depot]
AMD's 760 chipset with DDR SDRAM Rambuster (e) [The Tech Report]
AMD 760 Chipset & 1,2 GHz / 266 MHz FSB Athlon Review (e) [AMD Zone]
AMD 760 DDR Chipset Guide (e) [Sharky Extreme]
AMD's 760 Chipset: DDR for the Athlon is here (e) [AnandTech]
AMD-760 Preview: Athlon & Duron DDR Performance (e) [Thresh´s FiringSquad]
DDR-SDRAM Has Finally Arrived - Test AMD 760 und VIA Apollo Pro266 (e) [Tom´s Hardware Guide]

Platinen und Chipsätze für DDR-Speicher - Test VIA Apollo Pro266 Test (d) [Tom´s Hardware Guide]
DDR-SDRAM schlägt Rambus - Test VIA Apollo Pro266 (d) [tecChannel]


... und ich muß sagen, ich bin schwer enttäuscht. Unter diesen 10 Artikel gibt es keinen einzigen für Gamer sinnvollen Benchmark, welcher unter gleichen Bedingungen entstanden ist! Die Artikel-Schreiber haben sich IMHO grandios blamiert. Denn zusätzlich zu der von einigen nicht erfüllten Forderung nach 1024*768-Game-Benchmarks (640*480-only sux) gibt es bei dem AMD760-Chipsatz eine Besonderheit zu beachten: Dieser ermöglicht einen FSB von 133 MHz DDR - und es gibt nun auch die entsprechenden CPUs von AMD dazu. AMD hat clevererweise zum Benchmark-System eine 133-MHz-FSB-CPU beigelegt und so haben alle außer Tom´s Hardware Guide ein 133-MHz-FSB-System (AMD760) gegen ein 100-MHz-FSB-System (KT133) gemessen! Na, wenn das nicht extrem verfälscht ist, weiss ich auch nicht mehr ...

Jetzt könnte man kühl sagen, daß insbesondere ich ja immer wieder auf den Test des kompletten Systems poche und Komponenten-Tests ablehne. Stimmt. Aber: Man muß nun nicht zum AMD760-Chipsatz DDR-RAM kaufen, genauso wenig muß man sich überhaupt ein Mainboard mit diesem Chipsatz kaufen. Genauso gut reicht eine der neuen AMD-CPUs für 266 MHz FSB (133 MHz DDR) und das gute alte KT133. Könnte, wollte, möchte - ja, wenn jemand nur einmal gemessen hätte, wieviel DDR-RAM für sich bringt und wieviel der höhere FSB (es hat aber keiner getan).

So sind wir wieder auf dem Stand vorher - wieviel bringt DDR-RAM denn nun wirklich? Einen echten Test habe ich nicht gesehen. Was bleibt, ist die Erfahrung aus diesen Tagen, in welchen der Pentium III von 100 auf 133 MHz FSB hochgehieft wurde. Da waren deutliche Geschwindigkeitssprünge (Rahmen 10-15 Prozent) zu verzeichnen. Das entspricht dem, was heuer beim 133 MHz FSB Athlon gegen den 100 MHz FSB Athlon gemessen wurde - scheinbar spielt der DDR-RAM überhaupt keine Rolle bei der Geschwindigkeit und die gemessenen Vorteile erzeugt nur der höhere FrontSideBus. Ich stütze dies mal auf folgender theoretischer Überlegung:

Es wird dem Speicher-System in Spielen wohl zu viel Bedeutung beigemessen, Unreal Tournament einmal ausgenommen. Schnellerer Speicher ist in Spielen nicht automatisch mehr Leistung. Denn im Gegensatz zur Grafikkarte und zur CPU wird der Speicher fast nie an der Leistungsgrenze betrieben. Die Leistungsgrenze oder auch die eigentliche Leistung kommt nicht durch die 100 oder 400 MHz - sondern durch die verfügbare Bandbreite. Und beim Speicher läuft die Sache darauf hinaus, daß dieser prinzipiell überdimensioniert ist und auch überdimensioniert sein soll - er darf nicht ausbremsen. Das ist seine primäre Aufgabe. D.h. wir nutzen in Windows-Anwendungen meist nur einen Bruchteil der Speicherbandbreite, meist begrenzt durch die Leistung der wesentlich langsameren Festplatte. Auch in Spielen erreichen wir nur in sehr seltenen Momenten eine komplette Auslastung.

Hier dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder haben wir das Limit wegen zu vieler fps erreicht. Dann bringt uns DDR-RAM mehr Leistung - an den Stellen, wo es eh superschnell ist. Das würde sich auch in Benchmarks zeigen - aber wollen wir das wirklich, mehr fps bei 100-fps-Sequenzen? Zweitere Möglichkeit: Bei extrem komplexen Szenen geht es auf das vorgenannte Bandbreiten-Limit des Speichers. Dies halte ich für unwahrscheinlich, wenn die Szene wirklich so komplex ist, wäre zuerst die Grafikkarte am Ende (dort ebenfalls die Bandbreite - allerdings die des onboard-Grafikkarten-Speichers). Ergo sollte jemand Q3A mit DDR-RAM einmal einem Tiefentest (fps-Kurve jedes einzelnen Meßwertes im Timedemo) unterziehen - möglich, daß nur die sowieso hohen Werte noch höher werden.

DDR-RAM erhöht also keine Geschwindigkeiten, sondern setzt nur höhere, also bessere Limits bei der verfügbaren Speicherbandbreite. Das heisst aber noch lange nicht, daß irgendwas davon profitiert - dazu müsste erst einmal das alte Limit öfters mal ausgeschöpft werden. Und wann schaufeln wir schon mal *konstant* 800 MB /sec. (PC-100) durch unseren Rechner? Und nur, wenn es ab und zu konstant wäre, würde DDR-RAM auch was bringen. Das ganze ist klar Software-abhängig, DOOM 3 braucht eventuell soviel. Aber aktuell gibt es IMHO gar nichts, was von schnellerem Speicher (ob DDR-RAM oder RAMBUS) Vorteile haben sollte (Profi-Bereiche ausgenommen).


Fazit der ganzen Sache: Nach dem jetzigen Stand der Dinge ist es wohl das sinnvollste, einen der neuen Athlons, welche für 266 MHz FSB spezifiziert sind, einzusetzen. Ein AMD760-Mainboard muß es dabei nicht sein, DDR-RAM sowieso nicht. Nach aller Vermutung bringt es der höhere FSB-Takt - und der DDR-RAM sowie der 760er Mainboard-Chipsatz haben daran keinen Anteil. Ich gebe diese Einschätzung rein gefühlsmäßig ab, leider fehlt dafür die Bestätigung mittels Benchmarks. Wie vorhin ausgeführt sind die momentan herumkreisenden Zahlen einfach von nicht vergleichbaren Systemen und damit herzlich unrelevant.


Nachtrag vom 1. November:

Bezüglich des KT133 und 133 MHz FSB: Mir ist klar, daß dies in den meisten Fällen eine instabile Kombination ist, nichts desto trotz funktioniert es - die meisten Mainboards mit diesem Chipsatz unterstützen auch diesen hohen FSB-Takt. Während in unseren Gefilden aber zumeist über den Multiplikator übertaktet wird, setzen unsere japanischen Overclocker-Freunde auch den Bustakt ein - mit dem KT133. Es scheint also prinzipiell zu funktionieren - möglicherweise ist ja eine extra Kühlung für den Chipsatz die Lösung. Ansonsten stimmt der Hinweis (Thx @ Thilo Bayer) - sicherer ist ein AMD760-Mainboard oder der kommende VIA-Chipsatz KT133A.

Es stimmt, daß mit DDR-RAM und der damit eingehenden System-Speicherbandbreite von 1,6 GB/sec. (PC-200) bzw. 2,1 GB/sec. (PC-266) AGPx4 (und AGPx8!) zum ersten Male wirklich nutzbar wird. Thx für den Hinweis an Christian Schaefer, ich war in diesem Punkte mit Blindheit geschlagen. Denn AGPx4 mit 1 GB/sec. Bandbreite ist von einem bisherigen System mit PC-100-Speicher (0,8 GB/sec.) sicher nicht auszunutzen. So weit die Theorie - allerdings glaube ich nicht, daß es in der Gamer-Praxis momentan Anwendungen gibt, welche davon profitieren. In Frage kommen würde nur Spiele mit T&L, welche gigantische Geometriedatenmengen durch das System schaufeln. Da gibt es momentan einfach noch keine, solch extreme Kracher sind auch IMHO nicht wirklich in Sicht. Um bei 40 fps und sagen wir 100 Byte pro Dreieck AGPx2 überhaupt auszulasten, bräuchte man eine Szene mit 100.000 Dreiecken (400 MB/sec.). Und um die PC-100-Systembandbreite mit maximalen 800 MB/sec. in die Knie zu zwingen, wären wohl Szenen mit 200.000 Dreiecke notwendig - das wird sich kein Spiele-Publisher erlauben, so lange nicht jeder eine T&L-Karte oder eine GHz-CPU hat. Aber erst wenn das passiert, wird die höhere Systembandbreite von DDR-RAM von Bedeutung werden - in der Zwischenzeit tut es auch PC-133-Speicher (1 GB/sec.) Der Ansatz, daß DDR-RAM einen Vorteil für AGPx4 bedeutet, stimmt vollkommen, aber es hat momentan noch keine praktischen Auswirkungen im Gamer-Bereich.


Nachtrag vom 6. Januar 2001:

Das ist der DDR-RAM-Test, auf den ich gewartet habe: GamePC testete DDR-RAM gegen konventionelles SDR-RAM - und zwar auf gleichem Bustakt. So ist es nur noch ein Vergleich von AMD 760 + DDR-RAM gegen VIA KT133A + SDR-RAM. Ergebnisse der Spiele-Benchmarks: Im LowLevel-Bereich im besten Fall 6,0 Prozent Vorsprung durch DDR-RAM, im Durchschnitt 5,5 Prozent Differenz. In den gespielten Auflösungen im besten Fall 5,6 Prozent Vorsprung durch DDR-RAM, im Durchschnitt 2,6 Prozent Different DDR-RAM vs. SDR-RAM. Diese Zahl stellt also den realen Vorteil rein durch das DDR-RAM bei den jetzigen Mainboard-Chipsätzen in Spielen dar ... Das soll jetzt kein Abgesang auf DDR-RAM sein - es soll nur die Relationen zurechtrücken. Kostet der DDR-RAM dann, wenn er in ausreichender Menge vorhanden ist, nur 10 bis 15 Prozent mehr, ist daß Preis-/Leistungsverhältnis durchaus passabel. Aber bei den momentanen Preisen gibt es keinen Grund, sich bedingungslos auf das DDR-RAM zu stürzen. PS: Da bei den Tests von GamePC die größte CPU die kleinsten Unterschiede zeigte, würde ich darüber hinaus die Mär von "heutige HighEnd-CPUs sind immer mehr speicherbandbreitenlimitiert" irgendwo gern ins Reich der Fabeln verweisen wollen.






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