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nVidia "Crush" Mainboard-Chipsatz mit Dual-Channel DDR-RAM?

16. November 2000 / von Leonidas


Nachfolgendes basiert zugegebenermaßen vorwiegend auf Informationen, welche man korrekterweise als "leaked" bezeichnen müßte. Falls sich aber zumindestens die Key-Informationen des 128 bittigen Speicherinterfaces als richtig herausstellt, funktioniert nachfolgend beschriebenes. Gehen wir jetzt einmal davon aus ...


nVidia präsentiert sich dieser Tage noch rühriger als sonst. Die neueste Aktivität ist der kommende Einstieg in den Mainboard-Chipsatz-Markt mit dem Modell Crush. Für beide CPU-Plattformen geplant, steht angeblich der Crush-Chipsatz für AMD-CPUs kurz vor der Veröffentlichung - derjenige für Intel-CPUs wird aufgrund der fehlenden Lizenzen seitens Intel wohl erst im Jahre 2001 erscheinen. Wobei "Crush" eigentlich nur der Name der Northbridge ist - in Ermanglung einer richtigen Bezeichnung werde ich den kompletten Chipsatz nachfolgend aber einfach so titulieren.

Betrachtet man nur die "normalen" Features des Chipsatzes wie fünf PCI-Slots, ATA/100 Controller, zwei USB-Ports, 10/100 MBit Ethernet-Controller, AC97 Interface und Support für DDR-RAM PC-200/PC-266/PC-333 würde der Chipsatz wohl unter "gut, aber nicht sensationell" fallen. Auch die integrierte GeForce2 MX "macht den Braten nicht fett" - auch wenn damit die bisher wohl mit Abstand leistungsfähigste integrierte Lösung zur Verfügung stehen sollte.

Der einzig wirklich interessante Punkt ist das geplante Speicherinterface. Denn in der HighEnd-Version des Chipsatzes wird dieser Dual-Channel PC-333 DDR-RAM unterstützen, was einem 128 bittiges Speicherinterface gleichkommt. Die LowCost-Version des Crush-Chipsatzes (für den OEM-Markt) kommt im übrigen "nur" mit einem normalen Single Channel Speicherinterface und wird somit keine größere Besonderheit unter den Mainboard-Chipsätzen darstellen. Da man sich bei Mainboard-Chipsätzen schwer etwas unter diesen Speicherinterfaces und den Auswirkungen daraus vorstellen kann, folgende Übersicht mit aktuellen Chipsätze:

 

Anbindung
(bit)

Verfahren

Leistung
Byte/Takt

RAM-Takt
MHz

Bandbreite
GB/sec.

i440BX *
PC-100 RAM

64 SD-RAM (x1) 8 100 0,8

KT133 *
PC-133 RAM

64 SD-RAM (x1) 8 133 1,1

AMD760 *
PC-266 DDR-RAM

64 DDR-RAM (x2) 16 133 2,1

i820
PC-800 RAMBUS

16 RAMBUS (x2) 4 400 1,6

i840
PC-800 RAMBUS

16 Dual-Channel RAMBUS (x4) 8 400 3,2

LowCost-Crush
PC-266 DDR-RAM

64 DDR-RAM (x2) 16 133 2,1

HighEnd-Crush
PC-333 DDR-RAM

64 Dual-Channel DDR-RAM (x4) 32 166 5,2


* ... diese Chipsätze stellen nur Beispiele dar
Falls sich jemand ob der PC-333 DDR-Speichermodule verwundert die Augen reibt, Micron hat diese kürzlich angekündigt.

Die Key-Punkte sind fett hervorgehoben, damit man etwas besser durchblickt: Der HighEnd-Crush-Chipsatz vereint die besten Komponenten aus zwei Welten und wird damit System-Speicherbandbreiten erreichen, welche bisher nur Server-Systemen vorbehalten waren. Von der RAMBUS-Welt kommt der Dual-Channel-Betrieb des i840 (da RAMBUS-Speicher weiterhin mit exorbitanten Preisen in den Listen steht, ist eigentlich nie so deutlich rübergekommen, daß dieser Chipsatz eigentlich der momentan leistungsstärkste ist) und aus der SD-RAM-Welt die DDR-RAMs. Zusammen entfaltet man eine Power, welche selbst die momentan angekündigten DDR-RAM-Chipsätze von AMD, ALi, VIA und SIS alt aussehen läßt - immerhin kann man mit mehr als der doppelten System-Speicherbandbreite auftrumpfen als DDR-RAM.

Mit einem solchen Chipsatz würde sich der Umstieg auf DDR-RAM auch wirklich lohnen, eine Vervier- bis Verfünffachung der System-Speicherbandbreite zum normalen PC-100/PC-133 hin wäre nicht mehr von der Hand zu weisen. Zwingend bei "Dual Channel" ist allerdings eine Doppelbestückung mit RAMs - ähnlich wie früher bei PS2- und EDO-RAMs müssen zwei gleichartige Speichermodule in eine gemeinsame Bank installiert werden. Das sollte aber bei den heutigen System-Speichergrößen von 128 und 256 MB weniger das Problem sein.

Ziemlich logisch klingt dazu, daß nVidia den LowCost-Crush nur mit (gewöhnlichen) Single-Channel DDR-RAM-Support zu den OEMs schickt. Mit einer integrierten GeForce2 MX (wahrscheinlich etwas niedriger getaktet, um den Lüfter einsparen zu können) und wohl ohne zusätzlichem AGP-Port ist die Zielrichtung eines günstigen Systems relativ eindeutig. Der Preis soll innerhalb des Bereiches der bekannten bisherigen integrierten Lösungen liegen und ist aufgrund der technischen Überlegenheit natürlich eine klare Kampfansage an Intel´s i815e und VIA´s PM133.

Unklar ist mir noch die Anbindung der integrierten Grafik-Lösung GeForce2 MX. Bisherige integrierte Lösungen wurden meist als AGPx4 angebunden. Das war insofern nicht dramatisch, da AGPx4 eine 1 GB/sec. Transferleistung bot und Systeme mit PC-100- und PC-133-Speicher (0,8 bzw. 1,1 GB/sec.) sowieso nicht in der Lage wären, dies auszunutzen. Beim Crush-Chipsatz, selbst der LowCost-Variante, sieht das schon etwas anders aus: Wozu die riesige System-Speicherbandbreite (2,1 GB/sec.), wenn die Grafikkarte dann durch das AGPx4-Interface (1,0 GB/sec.) limitiert ist? Denn schließlich hat die integrierte Grafik keinen eigenen Speicher. Das man sich den vom Hauptspeicher "klaut", mag leistungstechnisch noch zu verschmerzen sein bzw. löst man einfach mit mehr Hauptspeicher. Aber die GeForce2 MX ist - als Retail-Karte - ihre 2,8 GB/sec. Speicherbandbreite gewöhnt und gilt selbst dann noch als Speicher-limitiert. Dies kann der Crush-Chipsatz speicherseitig (2,1 GB/sec.) liefern - aber durch eine AGPx4-Anbindung ist nun einmal nicht mehr als 1 GB/sec. zu bekommen.

Wahrscheinlicheste Lösung wäre ein AGPx8-Interface mit 2,1 GB/sec. für die integrierte GeForce2 MX - das sehen auch sicher die Mainboard-Hersteller gern auf der Feature-Liste. Auch leistungsmäßig würde das einer integrierten GeForce2 MX ziemlich gut tun - mit nur 1 GB/sec. von AGPx4 würde dieser sicher nicht schwache Chip einfach nur verhungern. Nicht ganz auszuschließen wäre, daß nVidia uns noch mit einem Sonderweg überrascht - aber das wäre weit zu spekulativ, um an dieser Stelle weiterzureden ...

Zugegebenermaßen werden sich nicht unbedingt die meisten von uns für die LowCost-Crush-Variante erwärmen können, noch dazu, wo ein zusätzlicher AGP-Port bei dieser Version momentan noch sehr unsicher ist. Dieser könnte unter Kostengründen und mit Verweis auf die HighEnd-Variante von Crush wegfallen. Denn diese Version wird einen extra AGPx4 Slot haben, ob es später auch mal einem AGPx8-Slot geben wird, wird wohl die Entwicklung auf dem Grafikkarten-Sektor entscheiden.

Natürlich ergibt sich auch hier wieder ein deutliches Mißverhältnis: Selbst mit einer extra Grafikkarte stehen mittels AGPx4 dieser "nur" 1 GB/sec. Transferleistung zum System zur Verfügung. Nicht, daß ich das jetzt als wenig erachten würde - das reicht für alle aktuellen (Gamer-)Anwendungen über alle Maßen und ist noch ein bis zwei Jahre zukunftssicher. Aber wozu dann die 5,2 GB/sec. System-Speicherbandbreite? Für die Grafikkarte ist dies mit Sicherheit uninteressant, sie kann bei weitem nicht so viel "verbraten".

Jeder Winbench-Benchmark hingegen wird sein Glück bei einem solchen System kaum fassen können. Eine solch gigantische Speicherbandbreite kommt solchen Anwendungen zugute, wo extrem große Datenmengen dauerhaft transferiert werden, sprich Serverdienste, Datenbanken, Video- und Bildbearbeitung. Selbst Spiele fallen nicht unter diese Klassifikation - jedenfalls nicht die momentanen. Womit die HighEnd-Crush-Variante wohl nicht unbedingt für Gamer interessant ist, auch wenn die Spezifikationen natürlich verlockend sind. Server-Betreiber und Profi-Anwender werden ihre helle Freude an einem solchen System haben. Dafür spricht auch, daß diese Version des Crush-Chipsatzes nicht unbedingt ein Preisbrecher werden soll. Trotzdem wird "Dual Channel DDR-RAM" wohl allgemein der zukünftige Weg sein, da mit relativ einfachem Aufwand gigantische Speicherbandbreiten erreichbar sind.


Nachtrag vom 18. November:

3D Concept spricht das aus, was ich lieber nicht schreiben wollte: Der Crush-Chipsatz wird eventuell über eine "shared memory" oder "unified memory" Architektur verfügen, in welcher entweder alle Chips (CPU, Grafik, Sound, Netzwerk) gemeinsam und interface-los auf den Hauptspeicher zugreifen können oder aber die Grafikkarte die Kontrolle über den Hauptspeicher übernimmt. Dies wären zwar unendlich gewagte Lösungen - aber auch die einzigen, in welcher die integrierte Grafikkarte von dem - in diesem Fall - zu langsamen AGPx4-Interface erlöst wäre. Außerdem ist nVidia als Grafikkartenhersteller und X-Box-Lieferant mit Sicherheit primär auf die Schnelligkeit der Grafiklösung aus und will sicher keinen Server-Chipsatz produzieren. Allerdings: nVidia hat bisher keinerlei Erfahrungen mit dem Design von Mainboard-Chipsätzen - und dies ist mit Sicherheit kein Chipsatz von der Stange! Allein die Idee, nicht mehr der CPU (mit Unterstützung des Mainboard-Chipsatzes) die alleinige Speicherkontrolle zu geben, kann das Projekt von ungeheuere Praxis-Probleme stellen. In der Konsolenwelt ist das nicht das Problem - da ist alle Software auf eine einzige Hardware angepasst. Kaum zu glauben, daß nVidia - diese sensationelle Architektur angenommen - schon am Anfang einen stabilen Chipsatz ausliefern kann, welcher dann auch noch mit jeder Hard- und Software problemlos funktioniert ...






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