Der GeForce4 Ti AF-Bug
1. Oktober 2002 / von aths / Seite 5 von 5
Persönliches Statement
Die GeForce4 Ti ist beim AF weniger effizient als die GeForce3 - da steht die Frage nach dem Warum. Hier kann ich nur mutmaßen: Ganz offensichtlich wurde die AF-Logik für die GeForce4 Ti vereinfacht. Pro Takt und Pipeline kann jetzt nur noch ein einziges (auch trilineares) AF-Sample erzeugt werden, während die GeForce3 noch zwei (bilineare) AF-Samples in der Lage ist zu generieren. Man darf wohl spekulieren, dass hier zum Beispiel einfach an der Logik zur AF-Sample-Koordianten-Berechnung gesparte wurde. Aber musste man bei der Chip-Entwicklung wirklich derart auf den Transistoren-Count achten, dass der Chip nicht nur erweitert, sondern auch beschnitten wurde?
ATi wird völlig zu Recht dafür kritisiert, dass ihre Chips bis einschließlich der Radeon 9000 nur einen bilinearen anisotropen Filter zu bieten haben. Genauso muss hier nVidia kritisiert werden, da sie dem Anwender und kaufendem Kunden nicht mehr ermöglichen, durch bilineares AF deutliche Geschwindigkeitsvorteile zu nutzen. Nun kann man natürlich die Frage stellen: Bilineares AF? Was soll man heutzutage noch mit dem bilinearen Filter? Selbstverständlich nimmt man trilineares AF!
Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Wenn AF zugeschaltet wird, so gilt das in der Regel für alle Texturen. Das heißt, auch Lightmaps usw. werden anisotrop gefiltert. Für Lightmaps wird aber kein MIP-Mapping gemacht, womit trilineare Filterung gar nicht möglich ist. Diese Textur kann nur bilinear anisotrop gefiltert werden, was aber beim der GeForce4 Ti nur mit trilinearer Performance möglich ist. Dadurch wird die Gesamt-Performance auch bei "eigentlich" trilinearer Grafik (wenn nur einige Texture Stages bilinear filtern) unnötig gedrückt. Man kann es drehen und wenden wie man will, die AF-Effizienz der GeForce3 wird mit der GeForce4 Ti nicht erreicht.
Es ist schon fragwürdig, dass die herkömmliche ATi-Implementierung des anisotropen Filters den Benutzer in den bilinearen Modus zwingt. Eine Verbesserung auf der einen Seite mit einer Verschlechterung auf einer anderen Seite zu erkaufen, halte ich nicht für zu Ende gedacht. Richtig ist aber auch, dass gerade bei höheren AF-Stufen der bilineare Modus erträglich wird, der trilineare Modus verliert also an Wichtigkeit.
Für trilineare Filterung muss die doppelte Texel-Menge bearbeitet werden, was wegen der bilinearen TMUs bei den hier besprochenen GeForce-Karten kräftig auf die Füllrate geht. ATis Behauptung, trilineares AF würde zu wenig Qualitätsvorteile bringen, als dass es lohnt, ist so pauschal gesagt einfach falsch. Richtig ist jedoch, dass trilineares AF herkömmliche Grafikkarten an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringt. Bei der GeForce4 Ti allein auf die hohen Taktraten zu vertrauen und den Käufer bei anisotroper Filterung mit nur trilinearer Performance abzuspeisen, ist meiner Ansicht schwer verträglich mit dem Anspruch des Herstellers nVidia, mit ihren Produkten in allen Belangen Marktführer zu sein.
Meiner Meinung nach handelt es sich um eine Design-Entscheidung, da ein derartiger Hardware-Fehler wohl längst entdeckt und spätestens für die GeForce4 Ti 8X Karten (NV28) gefixt wäre, was nach bisherigen Benchmarks nicht der Fall zu sein scheint. Befriedigend ist dieser Erklärungsversuch nicht, denn ansonsten wurde die GeForce4 Ti durch viele kleine und einige größere Änderungen gegenüber GeForce3 eigentlich nur verbessert. Das ist allerdings auch nicht die erste fragwürdige Implementation eines Features, man denke an den 16-Bit-Output des DXT1-Texturformates, womit die Grafikqualität bei Texturkomprimierung für lächerliche 1 oder 2 Prozent Performance-Gewinn unnötig gesenkt wurde.
Was die anisotrope Filterung betrifft, so ist es dank einiger Erweiterungen im Detonator-Treiber ja nun möglich, ein wenig Bildqualität für ein doch spürbares Performance-Plus einzutauschen. Damit ist trilineares AF für schon fast herkömmliche bilineare AF-Performance zu bekommen. Mit GeForce3-Effizienz wäre die bilineare AF-Leistung aber nochmals merklich besser. Die Vermutung, dass es sich tatsächlich um einen Hardware-Fehler handeln könnte, der aus irgendwelchen Gründen nicht behoben wurde, hat weiterhin seine Existenz-Berechtigung - so lange bis sich nVidia zu diesem Thema äußert.
Mein Resümee ist, dass sich der GeForce4 Ti AF-Bug dank der auf Geschwindigkeit optimierten AF-Modi inzwischen überwiegend nur noch in synthetischen Benchmarks äußert und eine GeForce4 Ti auf jeden Fall auch Freunden der anisotropen Filterung empfohlen werden kann. Ein komischer Nachgeschmack bleibt allerdings, nVidia hätte diese Problematik wohl besser lösen können.
Ich möchte mich herzlich bei Xmas, Demirug, zeckensack und natürlich Unwinder bedanken, die diesen Artikel mit technischen Informationen unterstützten. Er wurde nach bestem Wissen verfasst, was Fehler natürlich nicht ausschließen kann. Kritik und Anmerkungen aller Art sind ausdrücklich erwünscht.