CeBIT 2003 Report
16. März 2003 / von Leonidas / Seite 1 von 1
An diesem Donnerstag und Freitag (12. und 13. März 2003) besuchten wir (Leonidas und Xmas, aths war leider verhindert) die diesjährige CeBIT, zusammen im übrigen mit dem kompletten Team von Hard Tecs 4U. Dabei galt unsere Aufmerksamkeit in erster Linie den Grafikchipherstellern, Grafikboardherstellern und Prozessorenherstellern, viel mehr war in diesen zwei schlauchenden Tage ohnehin nicht an Terminen hineinzubekommen :-). Natürlich war von vornherein klar, daß die meisten Hersteller nicht unbedingt alle ihre Neuigkeiten für die CeBIT aufgespart hatten, vieles war also schon vorher bekannt. Dennoch ließen sich einige Informationen und Details finden, welche neu und berichtenswert sind.
Alle ATi-Boardhersteller, mit welchen wir sprachen, setzten als Termin für die Auslieferung der neuen Radeon 9600/9800 Grafikkarten den April fest, wobei hier eher Mitte bis Ende des Monats gemeint ist. Die normale Radeon 9800 (non Pro) wird allerdings noch etwas später, nämlich erst im Juni erscheinen. Gleiches gilt für die 256-MB-Version der Radeon 9800 Pro, welche in der Tat im Gegensatz zu allen anderen Karten der Radeon 9500/9600/9700/9800 Serie auf DDR/II Speicher setzt: Auch diese Karte kommt nicht mehr im April, sondern erst im Sommer.
Unsererseits nicht unerwartet, aber für die Hersteller doch überraschend, fanden die speziellen Silent-Versionen der Radeon 9700 Pro seitens Hercules und Sapphire in den letzten Monaten großen Anklang: Hercules´ auf 99 Stück limitierte Silent-Serie vom Dezember letzten Jahres verkaufte sich innerhalb von nur drei Tagen, die Silent-Lösung von Sapphire bisher ca. 1000mal. Beide Hersteller überlegen nun eine Neu-Auflage dieser speziellen Silent-Ausführungen (was bei Hercules gar nicht so einfach ist, da der dort eingesetzte Kühler handgefertigt wird), bei Sapphire will man dabei nach Möglichkeit auch die Radeon 9800 Pro in einer extra Silent-Version anbieten.
Sehr ähnlich zu den neuen ATi-Grafikkarten sprachen auch die nVidia-Boardhersteller davon, die neuen GeForceFX 5200/5600 Karten gegen Mitte April in den Markt schicken zu wollen. Die GeForceFX 5800 /Ultra sollte dagegen schon jetzt im Handel befindlich sein, zumindestens was die Hersteller mit einem nVidia-Referenzdesign betrifft.
Jedoch setzen speziell bei der GeForceFX 5800 /Ultra doch einige Hersteller nicht auf jenes Referenzdesign, sondern auf eigene Entwicklungen, was den Zeitpunkt der Auslieferung dieser Karten verständlicherweise aber auch wieder etwas verzögert. So stellte Leadtek erste Samples seiner "WinFast A300 Ultra TD MyVIVO" vor, welche neben den "MyVIVO" Fähigkeiten auch über eine komplett eigene Lüfterkonstruktion verfügt:
Jene Karte kann gegenüber dem nVidia-Referenzdesign eine doch deutlich geringere Lautstärke aufweisen, der typische FX-Staubsauger-Effekt konnte hier vermieden werden. Zudem wird der PCI-Platz neben dem AGP-Platz von dieser Karte knapp nicht blockiert. (Irrtum: Auch hier wird ein PCI-Platz blockiert.) Allerdings ist die Geräuschentwicklung auch dieser Karte nach wie vor deutlich höher als bei den Radeon 9500/9600/9700/9800 oder GeForceFX 5200/5600 Karten, denn auch letztere werden mit bisher üblichen Lüftern betrieben. Die Leadtek-Karte wird aufgrund ihrer abweichenden Konstruktion wie schon angedeutet erst im April in den Markt kommen.
Ebenfalls zu sehen war Gainwards angepasste Lüfterkonstruktion der "FX PowerPack! Ultra/1000 Plus Golden Sample", von welcher Gainward eine Reduktion des Betriebsgeräuschs um 7 db verspricht. Interessanter ist aber wohl das in ca. zwei Monaten verfügbare Grafikkartenwasserkühlungs-Komplettset, welches Gainward zum Nachrüsten der eigenen Grafikkarten anbieten will. Jene Wasserkühlung ist für den 5¼" Slot, die Abmessungen entsprechen demzufolge auch ungefähr dem eines CD-ROM Laufwerks. Gekühlt wird diese Wasserkühlung wiederum von zwei langsam drehenden 60-mm-Lüftern. Da das zu sehende Expemplar aber noch klaren Vorserienstatus hatte und an dem gesamten Set noch etwas gefeilt werden soll, ist jetzt noch keine Aussage zur Praxistauglichkeit und zur Geräuschentwicklung machbar. Bilder der Gainward-Karte und der Gainward-Wasserkühlung gibt es bei Hard Tecs 4U.
Als Alternative zu dieser Wasserkühlungs-Nachrüstmöglichkeit seitens Gainward wird Terratec eine neue GeForceFX 5800 mit integrierter Wasserkühlung auf den Markt bringen. Allerdings scheint es davon nur eine non-Ultra-Version zu geben, die Karte hat zudem wie die anderen vom nVidia Referenz-Design abweichenden Lösungen den Nachteil, daß sie wohl erst im April antreten wird.
Bedauerlicherweise sahen wir (bisher) zudem bei keinem Hersteller eine extra Kühlkonstruktion für die GeForceFX 5800 (non Ultra). Die Aussage von nVidia hierzu war aber klar: Die normale 5800 ohne Ultra braucht mitnichten die FlowFX-Kühlung. Leider setzten die Boardhersteller wohl aus Zeitgründen bei diesen Karten bisher immer die Ultra-Lüfter ein.
Im Gespräch mit nVidia ergab sich eine kleine, aber doch interessante Information zum kommenden HighEnd-Chip NV35: "Die Speicherbandbreite soll verdoppelt werden." Leider führte man dies nicht weiter aus, aber mehr als zwei mögliche Lösungen für diesen Satz gibt es kaum: Zum einen eine Verdopplung der Kompressionsrate der Farbkompression - dies würde allerdings nur eine sehr theoretische Zahl nach oben treiben. Und zum anderen ein 256bittiges Speicherinterface - dies würde die NV35 in der Tat hochinteressant machen, noch dazu, wo sich nVidia sicher ist, den NV35 noch im 2. Quartal vorstellen zu können.
Am nVidia-Stand waren zudem ca. ein Dutzend Demonstrationssystemen mit NV31- und NV34-Chips am laufen, welche vorwiegend die Ogre- und Dawn-Demos abspielten. In einer unbemerkten Minute schauten wir uns einmal den dort benutzten Treiber 42.74 an, welcher einiges neues gegenüber allen bisherigen Treibern bot:
Zum einen war 8x Anti-Aliasing nun auch unter OpenGL freigeschaltet (und funktioniert laut unseren Tests auch), zum anderen gibt es nun einen 16x Anti-Aliasing Modus sowohl für Direct3D als auch für OpenGL. Mit den neuen Modi werden wir uns in einem kleinen Artikel in den nächsten Tagen noch einmal extra beschäftigen sowie einen angepassten aTuner nachliefern, welcher den einen oder anderen neuen Modus eventuell auch auf den GeForce 3/4 Karten anbieten kann.
Ein kleiner Gag am Rande: nVidia benennt seine Filter-Modi im 42.74er Treiber um, was auf dem obigen Screenshot aber aufgrund des deutschen Sprachprofils nicht zu sehen ist. Auf einem englischsprachigen System heißt der Balanced-Modi nun "Quality", der Aggressive-Modus nun "Performance". Natürlich ist der Hintergrund dieser Aktion klar: Man will den Reviewern hier indirekt vorgeben, welche nVidia- gegen welche ATi-Modi man benchen soll.
Und trotz daß wir (momentan) selbst diesen von nVidia vorgeschlagenen Vergleich als den bestmöglichen erachten (was nicht heißt, das er optimal wäre), halten wir diese Umbenennungsaktion und die dahinterstehende Motivation doch für eher zweifelhaft, noch dazu, wo an den alten Namen nichts auszusetzen war. Jene Tester, welche dann doch einmal andere Modi als die von nVidia indirekt vorgeschlagenen vergleichen möchten, bekommen nämlich dadurch einen gewaltigen Erklärungsbedarf bei ihren Lesern - und dies alles nur, weil es nun gleiche Namen für Dinge gibt, die möglicherweise ähnlich, jedoch mitnichten wirklich gleich sind.
Seitens SiS kann man sich auf eine Vorstellung und Auslieferung des Xabre II Chips im Sommer einstellen. Wie schon vorab bekannt, wird es zwei Versionen geben, welche sich nur in der Anzahl der Rendering-Pipelines unterscheiden: 8 und 4 Pipes. Gleich bei beiden Chips sind die Taktfrequenzen von 350/500 MHz, wobei dies physikalische 500 MHz sind. Zudem sollen die 350 MHz Chiptakt eher eine untere Grenze sein, möglicherweise werden auch 375 MHz daraus. Als Speicherinterface bekommen beide Chips ein 128bittiges DDR/II Interface, welches nach derzeitigem Informationsstand 4fach unterteilt scheint. Gleichzeitig will SiS in den Xabre II auch ein Occlusion Culling integrieren, was mindestens HierarchicalZ umfassen soll.
Als DirectX9-Grafikchip wird der Xabre II natürlich über (im Grafikchip ausgeführte) Vertex und Pixel Shader 2.0 verfügen. SiS wird hier allerdings nicht wie nVidia über die "2.0" Spezifikationen hinausgehen, man hält dies für reale Spiele nicht für nutzvoll. Beim Anti-Aliasing will SiS nun auch zupacken und 4x Multisampling anbieten, welches zudem mittels einer Farbkompression ähnlich wie bei nVidia theoretisch recht schnell sein dürfte (was natürlich abzuwarten ist).
Offiziell vorgestellt werden soll der Xabre II Ende Juni, die Massenproduktion soll dann Ende Juli starten, so daß eine Auslieferung im August zu erwarten ist. Mittels früher Samples könnten erste Test allerdings schon im Mai ins Web gelangen. Die abgespeckte Version mit nur 4 Rendering-Pipelines soll aber definitiv jeweils erst zwei Monate später folgen. Ob es auch takt-reduzierte Varianten geben wird, ist dagegen noch nicht entschieden. Leistungsmäßig will man mit der großen Variante dabei sogar gegen GeForceFX 5800 /Ultra und Radeon 9800 /Pro antreten, mit der kleineren Variante gegen GeForceFX 5600 /Ultra und Radeon 9600 /Pro. Preislich will man diese natürlich klar unterbieten, ohne daß man jedoch derzeit eine klarere Aussage zu den Preisen treffen konnte.
Anfang 2004 plant man bei SiS dann einen bisher nur unter seinem Codenamen "345" bekannten Nachfolger. Dieser soll Vertex und Pixel Shader 3.0 mitbringen, was exakt dem entspricht, was man von den im gleichen Zeitraum zu erwartenden neuen Architekturen von ATi (R400) und nVidia (NV40) erwarten kann. Weitere Informationen zu jenem SiS 345 gab es allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Zumindestens scheint SiS jedoch auf jeden Fall neben ATi & nVidia mitmischen zu wollen, um aus dem bisherigen Zwei- zukünftig einen Dreikampf zu machen.
Und letztlich stellte VIA/S3 noch seinen DeltaChrome Grafikchip offiziell vor. Allerdings kann man S3 selbst bei gutem Willen in diesem Punkt nicht einmal den Status eines "Paperlaunch" anerkennen, denn die zum S3-Chip genannten Daten sind derzeit dürftiger als das, was SiS schon jetzt über den Xabre II sagte.
Feststehend sind natürlich die DirectX9-Fähigkeiten des DeltaChrome-Chips, welche hier schon einmal beleuchtet wurden. Im Gegensatz zu ATi und SiS setzt S3 auf eine Erweiterung der herkömmlichen Vertex und Pixel Shader 2.0 Spezifikation, ergo "2.0+" wie bei nVidia. Allerdings ist "2.0+" nicht ein festgeschriebenes Feature-Set, sondern bedeutet nur "besser als 2.0". Die exakten Fähigkeiten des DeltaChrome bezüglich der Programmierbarkeit entsprechen also nicht der GeForceFX-Serie, sondern liegen im genauen etwas darunter.
Ähnlich wie die DirectX9-Produkte von ATi, nVidia und SiS kommt der DeltaChrome in den Versionen "F1" (HighEnd) und "S8" (Mainstream) mit 8 Rendering-Pipelines an, die niedrigste Version "S4" für den LowCost-Markt hat wohl wahrscheinlich dann nur deren 4 Pipelines. Was diese drei Einzel-Chips ansonsten sonst noch unterscheiden soll, bleibt leider ebenso wie Taktfrequenzen (Ausnahme: die höchste Version scheint mit 300 MHz Chiptakt daherzukommen) und Auslieferungstermine derzeit noch das Geheimnis von S3. Preislich will man ähnlich wie SiS die beiden Platzhirsche ATi und nVidia klar unterbieten, genauere Angaben fehlen aber auch zu diesem Thema, so daß der DeltaChrome-Chip derzeit kaum einzuschätzen ist.
Abseits der Grafikchip- und boardhersteller statteten wir natürlich auch noch den beiden Prozessorenherstellern AMD und Intel einen Besuch ab. Bei Intel stand alles komplett im Zeichen der neuen Mobil-Technologie Centrino, für den Desktop-Markt sind aber natürlich eher die kommenden Springdale- und Canterwood-Plattformen interessant. Ohne hier ins Detail gehen zu können (so ziemlich die einzigen Infos, welche wir unter NDA bekamen) werden beide Chipsätze doch etwas mehr als nur FSB800 und DualChannel DDR400 Fähigkeit mitzubringen. Vielmehr plant Intel ab dem Frühjahr mit den dazugehörigen FSB800-Prozessoren die fast vollständige Ablösung der bisherigen FSB533-Prozessoren inklusive der bisherigen i845- und i850-Plattformen.
Bei AMD interessierte natürlich in erster Linie das Thema K8-Termine. Dabei soll der Server-Prozessor Opteron demnächst im April an den Start gehen und auch ausgeliefert werden - wer also über die entsprechenden finanziellen Reserven verfügt, kann einen K8-Prozessor möglicherweise schon in einem Monat bekommen :-). Auf die Desktop-Variante Athlon 64 wird man allerdings noch etwas warten müssen: Zur Mitte des Jahres gibt es erst einmal einen Athlon XP 3200+ mit Barton-Core, erst im September soll dann der Athlon 64 in den Markt kommen.
Nebenbei ergab sich bei AMD auch die Gelegenheit, daß Thema TCPA anzusprechen - bei Intel ist das Kind mit dem zum Jahresende anstehenden Prescott-Core (Intel weiss im übrigen noch nicht, welchen Verkaufsnamen dieser Prozessor tragen wird, also ob weiterhin Pentium 4 oder neuer Name) in den Brunnen gefallen, wenngleich die LaGrande-Funktion im Prescott zuerst einmal deaktiviert ausgeliefert werden wird. An dieser Stelle kam erstaunlicherweise die Reaktion "TCPA, what?" zurück, im weiteren Gespräch stellte sich dann heraus, daß man in Amerika diesezüglich deutlich weniger Berühungsängste hat als in Europa.
So läßt es sich möglicherweise auch erklären, wie die zumeist amerikanisch geführten IT-Unternehmen so vollauf hinter TCPA stehen - in Amerika scheint die Diskussion über die Nachteile dieser Technologie derzeit noch auf Sparflame zu sein. An dieser Stelle können wohl nur die europäischen User, sofern sie eben anderer Meinung sind, den Herstellerfirmen klarmachen, daß Europa eben nicht Amerika ist und man sich hierzulande sehr wohl Sorgen über negative Auswirkungen von TCPA, DRM & Palladium macht - bis hin zu der Aussage einiger Anwender, im Zweifelsfall auf Linux oder uralte TCPA-freie Hardware zu wechseln. Wir haben jedenfalls bei AMD unser Scherflein dazu beigetragen, daß diese Message bei den Herstellerfirmen ankommt.