Die DualCore-Strategie von Intel
6. März 2005 / von Leonidas / Seite 2 von 2
Der im ersten Halbjahr 2006 nachfolgende Presler-Core wird dann die Linien von Pentium D und Pentium Extreme Edition weiterführen, wahrscheinlich werden diese Produktnamen für den Presler gleich mit übernommen. Die Schnelligkeit, mit welcher Intel vom Smithfield auf den Presler wechseln wird, deutet schon an, daß der Smithfield eigentlich ein klarer Schnellschuß ist. Die ursprüngliche Strategie von Intel hatte eigentlich - wie schon vorab erwähnt - höhere Taktfrequenzen auf dem Plan, nicht aber DualCore-Prozessoren.
Intel dürfte den Smithfield somit in einem sensationellen Zeitrahmen von einem halben bis maximal einem dreiviertel Jahr aus dem Boden gestampft haben - was gerade im Hinblick auf die gewöhnlichen Entwicklungszeiten von CPUs, die meist über Jahre gehen, schon aller Ehren wert ist. Demzufolge wird Smithfield aber sicherlich nicht allen Anforderungen von Intel genügen - man hat halt nur gesehen, wie man möglichst schnell zwei Prescott-Cores zusammenbasteln kann. Daß mit dem Prescott einhergehende Problem der stark gestiegenden Leistungsaufnahme konnte hierbei natürlich kaum angegangen werden, dafür war der Zeitrahmen wohl zu kurz.
Daraus resultiert auch, daß der Smithfield so schnell wieder abtreten wird: Es geht wohl kaum über diese 3.2 GHz hinaus, mit welcher der Prozessor antreten wird. Für die weitere Entwicklung - gerade bei DualCore-Prozessoren - ist einfach die kleinere 65nm Fertigungstechnologie vonnöten, welche Intel dann mit dem Presler-Core einsetzen wird, welcher nach derzeitigen Informationen bereits mit 3.6 GHz antreten wird und dann sicherlich auch über Taktspielraum nach oben verfügen dürfte. Zudem wird der Presler mehr Level2-Cache und die Vanderpool-Technologie mit sich bringen, wobei bei letzterer durchaus die Möglichkeit besteht, daß jene schon seit dem Prescott-Core unaktiviert im Prozessor schlummert.
Bezüglich der für den Presler-Core benötigten bzw. zur Verfügung gestellten Chipsätze ist die Situation leider noch nicht ganz klar: Teilweise wird dieser Core ohne neue Chipsätze bzw. Plattformen genannt, teilweise wird ihm der Broadwater-Chipsatz samt der Averill-Plattform zugeschrieben - womöglich wird der neue Chipsatz auch speziell für die Vanderpool-Technologie benötigt. Sicher ist nur, daß der Prozessor auch weiterhin auf den Sockel 775 aufsetzen wird und zudem in i945/i955-Mainboards laufen wird, da Intel den Presler-Core auch für diese beiden Chipsätze spezifiert hat (dann allerdings womöglich ohne Vanderpool). Der Käufer eines i945/i955-Mainboards bekommt mit einem solchen Mainboard also eine gewisse Langlebigkeit mit dazu.
Zu erwähnen wäre im Desktop-Segment noch der Cedar-Mill-Core, welcher teilweise kaum beachtet wird, jedoch ein entscheidender Baustein der DualCore-Strategie von Intel ist: Denn wie der SingleCore-Prozessor Prescott als Unterbau für den DualCore-Prozessor Smithfield dient, so ist der Cedar Mill der Unterbau für den Presler - zwei Cedar Mills ergeben einen Presler. Im übrigen wird Intel auch zukünftig bei der Entwicklung von MultiCore-Prozessoren immer auch einen weiterentwickelten SingleCore-Prozessor benötigen, auch wenn dieser, der dann die eigentliche Weiterentwicklung enthält, regelmäßig ins LowCost-Segment "abgeschoben" werden wird.
Einen anderen Platz können wir uns ehrlicherweise für den Cedar Mill derzeit nicht vorstellen: Angesichts dessen, daß Intel schon beim kleinsten Smithfield mit einem Preis von 241 Dollar einzusteigen gedenkt, bleibt ein dreiviertel Jahr später für den SingleCore-Prozessor Cedar Mill wohl wirklich nicht viel mehr als der Platz des Celeron-Prozessors übrig. Dabei sollte man den Cedar Mill durchaus nicht unterschätzen: Immerhin wird dieser ebenfalls in 65nm gefertigt werden, und dadurch vermutlich reichlich zusätzliches Taktpotential besitzen, welches den DualCore-Prozessoren durch ihre doppelte Verlustleistung nicht mehr zur Verfügung steht. Gut möglich, daß der eingefleischte Übertakter zukünftig wieder zum kleineren Celeron-Prozessor greift und aus diesem Leistungen wie aus einem vollwertigen Pentium herauskitzelt ;).
Bei den Mobile-Prozessoren werden wir eine ähnliche Aufteilung in SingleCore- und DualCore-Prozessoren erleben wie schon auf dem Desktop, wenn auch technisch vermutlich gänzlich anders gelöst. Denn sowohl "Normal"- als auch LowCost-Lösung entstammen im zukünftigen Intel-Angebot an Mobile-Prozessoren demselben Core: Yonah. Aller Vermutung nach wird bei diesem original als DualCore gefertigten Prozessor schlicht ein Core deaktiviert, um eine SingleCore-Lösung zu erhalten, welche dann in den LowCost Mobile-Markt geht. Denn hier liegt der große Unterschied zwischen Yonah und Presler: Der kommende Desktop-Core besteht aus jeweils zwei eigenständigen Cores mit jeweils getrennten Level2-Caches.
Diese beiden Cores des Presler (schlicht zwei Cedar Mills!) werden dann auch einzeln und extra produziert und letztlich nur zusammen auf ein Trägermaterial gepresst. Nebenbei ergibt sich damit auch die Möglichkeit, daß man jeweils einen eher verlustleistungsstarken und einen eher verlustleistungsschwachen Core zu einem Prozessor zusammennimmt (es gibt regelmäßig in einer Produktion ausreichend Abweichungen bei den einzelnen Cores, so daß sich dies durchaus lohnt), was eine höhere Ausbeute ergibt, als wenn man die Cores wahllos zusammen paart, was gemäß der Wahrscheinlichkeit einen reichlichen Prozentanteil an Prozessoren mit zwei eher verlustleistungsstarken Cores ergeben würde, welche dann wiederum über der Spezifikation liegen und damit auf der Ausschuß-Halde landen würden.
Der Yonah-Core hat dagegen bei einer prognostizierten Verlustleistung von um die 30 Watt die Verlustleistungssorgen der Desktop-Kollegen noch lange nicht und wird demzufolge von Anfang an als ein Stück Hardware mit zwei internen Kernen und nur einem Level2-Cache, welcher beiden Kernen dient, hergestellt. Um zu einer abgespeckten Form zu gelangen, dürfte dann schlicht einer der beiden Cores intern deaktiviert werden, eine extra Produktion einer reinen SingleCore-Version erscheint dagegen unwahrscheinlich.
Der Zweikampf Pentium-M vs. Pentium 4 wird natürlich auch im DualCore-Zeitalter mit dem Yonah vs. Smithfield/Presler weitergeführt werden. Ob dieser allerdings mit einem Sieg des Pentium-M enden wird, ist nach wie vor ungewiß, denn mit Smithfield und vor allem Presler zieht sich Intel glänzend aus der Affäre. Gerade da Intel die Taktfrequenzen der DualCore-Boliden nicht wirklich unterhalb denen der SingleCore-Prozessoren ansiedelt, dürfte der Pentium-M trotz DualCore und trotz weiter steigender Taktfrequenzen kaum klar über die Pentium-4-Abkömmlinge im DualCore-Gewand triumphieren können.
Allerdings sehen wir die Zeit trotzdem für den Pentium-M arbeiten, denn die Verlustleistung der regulären Desktop-Prozessoren wird trotz 65nm Fertigung weiter steigen, wenn Intel die Taktfrequenzen des Presler dann eines Tages über jene 3.6 GHz steigern wird, mit welchen jener Prozessor starten soll. Die Pentium-4-Architektur wird sicherlich niemals zum Stromsparkünstler mutieren - und so könnte eines Tages Intel schlicht gezwungen sein, auf dem Desktop doch noch zum Pentium-M zu greifen. Einen ersten Ansatz hierzu sieht man womöglich im Workstation-Segment, wo der 2007 erscheinende Xeon MP Nachfolger mit Whitefield-Core angeblich eine Quad Pentium-M Architektur besitzen soll.
Das jedoch ist eine Spekulation - für den Moment und mindestens für nächstes Jahr wird es der Pentium 4 in Form seiner DualCore-Abwandlungen Smithfield und Presler weiterhin auf dem Desktop-Markt richten. Und damit erscheint Intel nicht schlecht aufgestellt, sondern ganz im Gegenteil locken insbesondere die absolut vertretbaren Einstiegspreise, welche Intel mit den kleineren Smithfield-Varianten zu offerieren gedenkt. AMD als derjenige, welcher das Thema DualCore eigentlich noch deutlich vor Intel angestoßen hat, könnte es hier schwer haben, kommt man doch erst im fortgeschrittenen zweiten Halbjahr mit einem eigenen DualCore-Prozessor auf den Markt, welcher sich dann noch eher an das HighEnd-Segment richtet.
Allerdings wird Intel mit seinen DualCore-Boliden auch den Beweis antreten müssen, ob diese Otto Aldikäufer wirklich etwas bringen. Auf dem IDF ließ Intel einige Performance-Messungen mit einem Intel Pentium Extreme Edition 840 mit 3.2 GHz laufen, welcher in ausgesuchten Benchmarks unter ausgesuchten Bedingungen zwischen 50 und 124 Prozent schneller als ein aktueller Pentium 4 Extreme Edition mit 3.73 GHz war. Allerdings konzentrierten sich diese Benchmarks auf für DualCore-Prozessoren ideale Aufgaben - die gleichzeitige Berechnung mehrerer Dinge. Ob die kommenden DualCore-Boliden auch in gewöhnlichen Standard-Benchmarks überzeugen können, wenn diese absolut einzeln gefahren werden, bleibt nach wie vor abzuwarten.
Weitere Berichte und Informationen zum Intel Developer Forum und den dort vorgestellten Intel-Prozessoren finden sich in der nachfolgenden Liste. Beachtenswert sind unter anderem die Fotos der DualCore-Prozessoren bei der Virtual Zone sowie die der Jungs von West Coast Customs ("Pimp My Ride" - Autotuning-Show auf MTV) bei AnandTech ;). Interessant sind natürlich auch alle Berichte, die sich dem technologischen Ausblick seitens Intel widmen, welcher in Richtung von MultiCore-Prozessoren mit mehr als 100 einzelnen Cores geht:
Nachtrag vom 13. März 2005:
Zum einen wird der Pentium Extreme Edition mit Smithfield-Core "nur" mit FSB800 antreten, nicht aber mit FSB1066 wie der jetzige Pentium 4 Extreme Edition mit Prescott-2M-Core. Das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen Pentium D und Pentium Extreme Edition wird demach HyperThreading sein, welches nur bei letzterem aktiv ist. Und zum anderen scheint auch die Home-Edition von Windows XP die vier logischen Prozessoren des Pentium Extreme Edition (DualCore + HyperThreading) zu unterstützen. Die Microsoft-Aussage hierzu ist wörtlich, daß nicht nach Cores, sondern nach Prozessoren gerechnet wird, womit auch der Pentium Extreme Edition nur als "ein Prozessor" gilt.