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BFG Tech Ageia PhysX Review

9. Mai 2006 / von BlackBirdSR / Seite 1 von 4


   Einleitung

Wer seit etwas über einem Jahr aufmerksam unser Forum verfolgt hatte, konnte schon damals die Begriffe PhysX und Ageia vernehmen. Die in Kalifornien ansässige Firma "Ageia" belieferte seitdem die Öffentlichkeit mit Informationen über eine Revolution im Spielesektor: Dem ersten Physik-Beschleuniger in Form der "Ageia PhysX". Seit kurzem nun kann man PhysX in PCs von Dell oder Alienware finden, womöglich schon ab heute auch als Retail-Board im europäischen Handel.

Dabei war die Hardware schon vor einem Jahr bereit für ein baldiges Release. Allerdings finden sich erst jetzt die passenden Spiele in den Regalen der Händler ein. Damit ist der Weg frei für PhysX und dem Kampf um das Verspechen, die Physikberechnung in PC-Spielen grundlegend zu revolutionieren. Um dem nachzugehen, kommt natürlich nur ein Test der PhysX-Karte in Frage. Glücklicherweise war BFG Tech so freundlich, uns ein Testmuster zu schicken.

Die Firma Ageia wurde 2002 mit dem Ziel gegründet, den ersten echten Physikbeschleuniger zu entwerfen. In den Jahren davor wurde Physik in Spielen leider kaum Bedeutung beigemessen, die ersten Spiele mit 3D-Engine kamen sogar gänzlich ohne aus. Wichtig war nur, dass der Spieler nach unten fallen konnte und Projektile immer gerade aus fliegen. Je nach (durch Fall "überbrückten") Höhenunterschied verlor der Spieler dann schlicht unterschiedlich viel Energie.

Mit steigender Rechenleistung wurden immer komplexere Physik-Modelle möglich. Man konnte die Gravitation rudimentär anpassen und somit höher springen, oder die Kollisionsabfrage verbessern. Richtig offensichtlich wurden der physikalische Fortschritt aber mit Ragdoll-Modellen. Figuren werden nicht mehr als starrer Körper behandelt, sondern bestehen aus beweglichen Teilen, die sich bei Kollisionen mit der Umgebung bewegen. So konnten Figuren die Treppe hinabfallen, oder sich nach dem virtuellen Ableben halbwegs realistisch über einen Stuhl sacken lassen. Auch Kisten und verschiedene andere Objekte ließen sich zunehmend durch Beschuss bewegen oder konnten sogar Gegner erschlagen.

Für die breite Masse schob sich Physik allerdings erst mit dem Release von Half-Life 2 in den Vordergrund. Zum ersten Mal wurde jeder Spieler zwangsläufig mit der Physik als wichtiges Spielelement konfrontiert. Objekte konnten durch die Luft geworfen werden, Gegner treffen oder zum Überwinden von Hindernissen benutzt werden. Ab diesem Zeitpunkt war es endgültig vorbei mit der stiefmütterlichen Behandlung der Physik in Spielen. Und damit war auch endlich der Grundstein für das Verlangen nach spezieller Hardware gelegt.

Mit Physik bei Spielen verbindet man fälschlicherweise oft nur die Kollision von Objekten. Natürlich soll eine Kiste von der Wand abprallen und dabei ein möglichst realistisches Verhalten zeigen. Es steckt jedoch weit mehr hinter dem Begriff Physik als einfache Kollisionen und Gravitationseffekte: Objekte können bekanntermaßen in Einzelteile zerfallen, welche sich in verschiedene Richtungen ausbreiten und dabei Energie an andere Objekte weitergeben. Explosionen oder Einschüsse fördern unzählige Partikel zu Tage, die im passenden Ausfallwinkel zu sehen sind und ihrerseits von Wänden oder Objekten abprallen können.

Die Simulation von Haaren ist genauso aufwändig wie die Berechnung von Kleidung, die sich im Wind bewegt, oder von Objekten durchstoßen wird. Körper selbst müssen längst nicht mehr starre Gebilde sein, deren Bewegungsrichtung sich nach einer Kollision ändert. Stattdessen können sie sich verformen und dabei Energie aufnehmen. Ein Crash endet dann nicht nur in Fahrzeugteilen die vom Fahrzeug weggeschleudert werden, sondern auch in deformierter Karosserie. Und schlussendlich wird die korrekte Simulation von Fluiden, also z.B. Flüssigkeiten oder Napalm ermöglicht.

Wen überrascht es, dass all diese Effekte geradezu nach Rechenleistung gieren. Bisher war es nicht möglich, diese Effekte in Echtzeit zu berechnen und gleichzeitig noch Zeit für andere anfallende Aufgaben aufzubringen. Für diesen Zweck alleine wurde die Ageia PhysX entwickelt.

    Ageia wirbt dabei mit Features wie:
  • Rigid body dynamics
  • Universal collision detection
  • Finite element analysis
  • Soft body dynamics
  • Fluid dynamics
  • Hair simulation
  • Real cloth simulation

Hinter all diesen Effekten stecken Gleichungen und Rechenoperationen, die in größerem Ausmaß von einer CPU nicht mehr schnell genug zu berechnen sind. Mit PhysX hat man sich zum Ziel gesetzt, zum einen diese Effekte für Spiele zu ermöglichen, und dabei zum anderen die Performance auf hohem Niveau zu halten. Ageia spricht dabei vom "New Gaming Triangle": In diesem bildlichen Dreieck arbeiten CPU, GPU und PhysX-Beschleuniger zusammen, um dem Spieler ein völlig neues Erlebnis zu ermöglichen.

Natürlich muß auch erwähnt werden, daß die vorbeschriebenen Effekte auch ohne dedizierten Physik-Beschleuniger rein theoretisch möglich sind - sie würden dann schlicht über die CPU berechnet werden. Da aber deren Rechenkraft (gerade für Spezialberechnungen) auch nicht unendlich ist und diese zudem in Spielen auch noch andere Aufgaben als nur die Physik-Berechnung hat, eignet sich hier eine extra Hardware natürlich besser. Dies ist allerdings nur dann relevant, wenn die von dem jeweiligen Spiel angestrengen Physik-Berechnungen so aufwendig sind, daß sie einen erheblichen Faktor bei der Spiel-Performance darstellen.

Ageias PhysX ist also nur dann sinnvoll einsetzbar, wenn ein Spiel derart aufwendige Physik-Berechnungen benutzt, daß diese von der CPU nicht mehr (bzw. mit unterirdischer Performance) erbringbar sind. Als Beschleuniger der Physik-Berechnung in gewöhnlichen Spielen ist PhysX klar unterfordert, da die Beschleunigung einer Berechnung, die keinen Performance-Flaschenhals darstellt, in der Endabrechnung nicht zu mehr Performance führen kann. Der Zweck von PhysX liegt somit klar im Mehr an Bildqualität (durch aufwändigere Physik-Modelle in Spielen), nicht in einem Mehr an fps.


   BFG Tech PhysX

BFG Tech ist einer der bisher wenigen Partner, die PhysX im Retailmarkt anbieten. Im Retailpaket enthalten sind neben einer Treiber-CD eine Demo-CD mit Videos, Screenshots und einer spielbaren Demo. Dazu gibt es eine Einbauanleitung, einen IDE-Stromadapter und zwei BFG Tech Sticker. Letztere sind prima geeignet, den Rechner gegenüber anderen erkennbar als Physikbeschleunigt auszuweisen :). Anzumerken wäre vielleicht noch die Form der Verpackung, welche doch recht originell wirkt:



Auf den ersten Blick wirkt die PhysX-Karte sehr unspektakulär. Den meisten Umgang mit Steckkarten hat man in diesen Tagen wohl eher noch mit Grafikkarten - verglichen mit deren Ausmaßen erscheint die BFG Tech PhysX geradezu aufgeräumt und klein. Ein kleiner silberner Kühlkörper mit kaum hörbarem Lüfter, der an vergangene (gute) Zeiten erinnert, schmückt den Chip. Ansonsten findet man nicht viel außer den ungekühlten Speicherchips und ein paar Kondensatoren.

Die Karte selbst ist für den PCI-Steckplatz ausgelegt, welcher wohl noch für einige Zeit auf jedem Board zu finden sein sollte. Auf den zweiten Blick erkennt man dann ein inzwischen wohl bekanntes Detail: Ein 4-Pin IDE-Stromanschluss für den Anschluss an das Netzteil. Der in 130nm gefertigte Chip mit 125 Millionen Transistoren verschlingt wohl etwas zu viel Strom, um allein durch den PCI-Anschluss versorgt zu werden.



Trotz der Menge an Transistoren (immerhin fast so viel, wie ein Pentium 4 Prescott besitzt) bleibt der Chip im Betrieb in angenehmen Temperaturregionen. Eine blaue LED beleuchtet dabei die Umgebung der Karte und dürfte vor allem User mit offenen oder durchsichtigen Gehäusepartien entzücken. Als Speicher stehen der Karte 128 MB GDDR3 zur Verfügung. Diese sind über einen 128 Bit DDR Bus angebunden, werden aber auch nur mit (physikalischen) 366 MHz betrieben. Durch den geringen Takt ist damit eine weitere Kühlung des Speichers unnötig. Ingesamt soll die Karte unter 28 Watt verbrauchen. Eine angenehme Abwechslung, bedenkt man, wie hitzig sich zur Zeit andere Hochleistungschips im PC-Gehäuse geben.

Für alle mit Bedenken hinsichtlich des PCI-Interfaces: Nach Angaben von Ageia limitiert der PCI-Bus die Leistung der PhysX nicht - ohne eine PCI Express Variante ist das natürlich noch schwer nachzuprüfen. Auch Fälle mit hohen Belastungen des Busses durch Soundkarten und RAID-Controller oder TV-Karten sind noch nicht geklärt. Allerdings dürften RAID-Systeme und TV-Karten gerade während eines Spiels selten zur Höchstform auflaufen. Die Karte selbst ist also keine nennenswert zusätzliche Belastung für den eventuell schon durch SLI und DualCore gestressten PC. Das gilt aus thermischer Sicht genauso wie für Lautstärke oder Platzbedarf.

Leider war es uns nicht möglich in Erfahrung zu bringen, wie hoch der PhysX-Chip selbst taktet, oder welche Rechenwerke verwendet wurden. Die Informationen seitens Ageia dazu sind höchst spärlich. Es ist zwar die Rede von mehreren Kernen, die im Komplex zusammenarbeiten, allerdings ist dies mit Hinsicht auf den momentanen "MultiCore-Hype" mit etwas Vorsicht aufzufassen. Denkbar wäre etwas ähnliches, wie beim Cell-Prozessor zu sehen ist - also mit mehreren unabhängigen Vektoreinheiten. Zur Rechenleistung gibt es Angaben wie "20 Giga-Instruktionen pro Sekunde" und "2 TB/sec interner Speicherdurchsatz". Allerdings hängen diese Angaben ohne nähere Details zum Chip selbst völlig in der Luft, und lassen uns somit derzeit eher kalt.

Interesssanter ist da schon, wie man denn an das Prachtstück kommt: Sobald im Handel erhältlich, wird man die BFG Tech Ageia PhysX für 299 € bei Alteco und Alternate beziehen können. Laut BFG Tech sollen die beiden genannten Online-Händler schon am heutigen Launch-Tag erste PhysX-Karten des Herstellers anbeiten können.

Zu erwähnen wäre eventuell noch, dass kurz nach Beginn des Tests ein Problem mit dem Lüfter auftrat. Der Firmenaufkleber auf der Oberseite des Lüfters löste sich und wurde mit dem Luftstrom in den Lüfter befördert: Dieser blockierte und blieb stehen, ein sofortiges Abschalten des Systems verhinderte dann Schlimmeres. Dies wäre zwar normalerweise nicht besonders zu erwähnen, allerdings wissen wir auch von anderen Testberichten, daß sich dort ebenfalls der Firmenaufkleber lösen könnte. Hoffentlich setzt BFG Tech bei den Serienprodukten auf einen weniger billigeren Hersteller für den Firmenaufkleber ;).






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