Zum 3DCenter Forum
Inhalt




Die aktuelle Entwicklung bei S3 Graphics

22. November 2005 / von robbitop / Seite 1 von 4


Seit der Vorstellung des Columbia-Designs in Form des DeltaChrome bis zum heutigen Tage ist es schon rund zwei Jahre her. Seit der CeBIT 2005 hat S3 Graphics nun den Columbia-Refresh namens GammaChrome zur Marktreife gebracht und kürzlich erst dessen erneuten Refresh in Form der Chrome-2X-Serie angekündigt. Dieser Artikel soll zeigen, was sich seit dieser Zeit bei S3 getan hat und wie es mit dem Grafikchip-Entwickler mit dem Anspruch der dritten Macht im Markt weitergehen soll.


   Die Marktsituation

Bevor es zum Technikteil geht, soll erst einmal betrachtet werden, wie weit S3 Graphics die Verkäufe seit dem Comeback mit dem DeltaChrome vorantreiben konnte. Dazu sprachen wir auf der CeBIT mit Steffen Bruch, dem European Channel Manager von Club-3D, seinerzeit der einzige in Europa vertretene Grafikkarten-Hersteller mit S3-Chips im Angebot. Seine Aufgabe ist es, zu bestimmen, welche Produkte zu welchem Preis von Club-3D in Europa vertrieben werden. Er beschrieb die Verkäufe der "Volari Serie" von XGI - vor allem der V3XT - als deutlich höher als die der S3 DeltaChrome Serie. Die DeltaChrome S8 Grafikkarten verkauften sich seinerzeit nur schleppend.

Die Beschreibung der Ursache folgte prompt: XGI mag nicht unbedingt die besseren Produkte haben, jedoch ist die Breite der Produktpalette und die Verfügbarkeit jedes einzelnen Produktes deutlich höher als es bei S3 Graphics der Fall ist. S3 Graphics bietet zwar auf dem Papier sehr interessante und verkaufsträchtige Produkte für jeden Markt, jedoch sind diese praktisch nicht verfügbar. Gerade in dem von XGI und S3 angepeilten LowCost- und unteren Mainstream-Markt sind nicht nur leistungsstarke Karten gefragt, sondern vor allem auch günstige Karten sowie Karten mit TV-Tuner Funktionalität.

Hier zeigen sich gravierende Probleme bei S3 Graphics: Es fiel bereits negativ auf, dass die Zeitspanne von der Produktankündigung bis zur Massenverfügbarkeit viel zu groß ist. Die Produkte kommen einfach zu spät, um konkurrenzfähig zu sein. Der DeltaChrome wurde beispielsweise Anfang 2003 angekündigt. Verfügbar wurde er allerdings erst ein (Asien/USA) bis anderthalb (Europa) Jahre später. Letztendlich musste der Preis aufgrund der Verspätung drastisch reduziert werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das Grafikkartengeschäft ist schließlich eines der kurzlebigsten überhaupt.

Der erste Refresh des Columbia-Designs namens GammaChrome wurde vor einem Jahr angekündigt, wurde selbst in Asien erst Mitte des Jahres verfügbar und ist in Europa bis jetzt noch nicht wirklich aufgetaucht. Und selbst das gilt nur für den GammaChrome S18 mit nur einer Quadpipeline: Der GammaChrome S19 mit zwei Quadpipelines hatte sich zunächst auf Ende 2005 verspätet, wird nun aber durch die Chrome-S2X-Serie komplett ersetzt, bevor überhaupt im Markt erschienen.

Dabei steht auch bei der Chrome-S2X-Serie durchaus wieder die Gefahr im Raume, dass es bis zur Massenverfügbarkeit wieder zu spät sein wird, um noch konkurrenzfähig zu bleiben. Immerhin bietet die Konkurrenz schnelle Mainstream-Grafikkarten mit zwei Quadpipelines (8 Pixel-Pipelines) bereits seit bereits über einem Jahr an. nVidia zeigte kürzlich mit dem G70-Chip, dass auch komplexe Designs mit älteren Fertigungsprozessen möglich sind und die Zeit bis zur Verfügbarkeit damit drastisch verkürzt werden kann. Vielleicht hätte S3 mit dem GammaChrome S19 auch auf TSMC's 110nm Prozess setzen sollen, nur um (wenigstens einmal) planmäßig im Markt sein zu können.

Doch warum sind gefragte Chips, wie b.s.w. der OmniChrome mit TV-Funktionalität selbst für Club-3D als Grafikkarten-Hersteller schlicht nicht verfügbar? Warum verspäten sich generell alle vielversprechend klingende Produkte von S3 Graphics? Uns liegt die Vermutung nahe, dass man in Fremont (S3 Graphics Hauptquartier, Kalifornien) schlichtweg über zu wenig Geld verfügt, um eine große Charge an Chips bei einer Chipfoundry fertigen zu lassen.

Es ist allgemein bekannt, dass Geld investiert werden muss, bevor welches verdient werden kann. Die Ursache für die Knappheit seitens S3 Graphics liegt unserer Meinung nach bei Mutterfirma VIA Technologies, welche den "Geldhahn" der Tochterfirma unter Kontrolle hat. Es soll Geld verdient werden, jedoch wird hier vorher scheinbar keines investiert, S3 Graphics bleibt also kaum Handlungsspielraum.

Die Situation ist derzeit im übrigen dermaßen angespannt, dass bei Club-3D starke Zweifel existieren, S3 Graphics Produkte überhaupt noch in Europa zu vertreiben. Das wäre das Ende von S3 Graphics im europäischen Raum, da Club-3D der aktuell einzige Grafikkarten-Hersteller von S3-Produkten in Europa ist. Derzeit führt Club-3D zwar noch zwei ältere S3-Grafikkarten auf seiner Webseite, diese sind jedoch nirgendwo mehr bei einem Händler gelistet. Neuere S3-Grafikkarten hat Club-3D nicht im Programm, insofern ist es höchst unsicher, ob man sich der Chrome-2X-Serie zuwenden wird, wenn diese im Markt erscheint.

S3 Graphics sieht allerdings noch ein anderes Problem. Es gibt nämlich weltweit zu wenige Grafikkarten-Hersteller, welche die S3-Chips verbauen, Club-3D ist der einzige größere Hersteller. Um das Vertriebsproblem zu lösen, fertigt S3 Graphics nun selbst PCBs für ihre Chips im Raum der Vereinigten Staaten. Doch das alles nützt natürlich nichts, solange es an der Produktion der Chips hapert.

Eines ist klar, so lange sich an solch grundlegenden Problemen der Verfügbarkeit nichts ändert, sind trotz relativ guten Designs keine Entwicklungschancen seitens S3 Graphics in Sicht. Zum NextGen WGF2-Grafikchip namens "Destination Films" dürfte man dies (hoffentlich) ändern. Man verfügt über zwei Entwicklungsteams mit insgesamt rund 350 Ingenieuren, neuen Simulatoren und seit dem Columbia-Design auch über ein gesteigertes KnowHow. Am Design wird es unserer Meinung nach also nicht scheitern - es wäre aber schade, wenn es lediglich an Geldmangel für die Chipproduktion scheitern würde. Denn langsam sollte man damit beginnen, effektiv Marktanteile zu holen und etwas Geld zu verdienen, um einen stetigen Aufstieg des Unternehmens zu gewährleisten.

Auf der Seite der Arbeit mit dem Endkunden sieht es dagegen nicht ganz so kritisch aus: Vor Monaten schon eröffnete S3 Graphics die Chromezone. Hier können von Delta- und GammaChrome-Besitzern Fehler gemeldet werden und eine Kompatibilitätsliste mit derzeit verfügbaren lauffähigen Spielen wird zur Verfügung gestellt. Weiterhin arbeitet S3 Graphics anscheinend immer enger und besser mit den Spieleherstellern zusammen. DeltaChrome-Besitzer können inzwischen so ziemlich alle verfügbaren Spiele problemlos nutzen, das war vor einiger Zeit noch ganz anders.

Einen großen Kritikpunkt müssen wir allerdings auch hier aufbringen: Es geht um den Kontakt zur Presse. Wenn Grafikkarten verkauft werden sollen, so wären Grafikkarten-Tests mittels der Presse eine der besten und günstigsten Möglichkeiten, viele Käufer vom Kauf der Produkte zu überzeugen bzw. gerade bei den kleineren Herstellern die potentiellen Kunden erst einmal von der Existenz des Produktes zu informieren. Hier sollte S3 Graphics ebenfalls ein Brikett nachlegen, denn Tests von S3-Produkten kommen wenn dann vereinzelt aus Fernost, in der westlichen Hemisphäre passiert diesbezüglich dagegen nur aller paar Monate mal etwas.

Fazit: S3 Graphics muss Marktanteile holen und zwar schnell. Dies ist nur durch eine breite Produktpalette, entsprechenden Preisen und Verfügbarkeit möglich. Das Design ist unserer Meinung nach absolut potent genug für den angestrebten Markt. Wenn man beim WGF2-Chip "Destination Films" einiges besser macht, sehen wir eine gute Chance für S3 Graphics zum Erfolg.


   Die technische Entwicklung

Im vorangegangenen Artikel wurde bereits auf die Architektur und Schwächen des DeltaChrome-Designs eingegangen. Um diesen nicht als Grundvoraussetzung für diesen Artikel zu machen, möchten wir die wesentlichen Aspekte in Stichpunktform nochmals kurz anreißen:

  • knappe Bandbreite
  • hohe Rohfüllrate
  • moderate Taktraten
  • durchschnittliche Pixelshader-Leistung
  • geringe Vertexshader-Leistung (gerade bei dynamischer Beleuchtung setzt dies oft zu)
  • hochwertiger anisotroper Texturfilter
  • Supersampling Anti-Aliasing mit allerdings begrenzter Nutzbarkeit
  • geringe Z-/Stencil Leistung
  • gute EarlyZ Culling Leistung
  • ineffizientes, da nicht unterteiltes Speicherinterface
  • geringe Leistungsaufnahme
  • hohe CPU-Last des Treibers

Inzwischen gelangten wir durch ein Gespräch mit S3 Graphics und einigen Untersuchungen zu ein paar neuen Detailerkenntnissen zur Columbia-Architektur (dazu später mehr).

Der DeltaChrome-Refresh namens "GammaChrome" wurde bereits vor rund einem Jahr angekündigt. Dachte man zuerst, dass dieser lediglich die Umsetzung des DeltaChromes auf die PCI Express Schnittstelle wäre, ist inzwischen klar, dass es sich hierbei um eine echte Überarbeitung des Vorgängers handelt.

Dies betrifft vor allem den Rendervorgang: Die DeltaChrome (S8) Pipelines arbeiten relativ ineffizient. Denn beide Quadpipelines müssen laut S3 Graphics in ein und demselben Dreieck rendern. Man sparte also an der Steuerlogik der Quadpipelines. Besonders bei hohen Polygonzahlen (daraus resultieren kleine Dreiecke) wird dies zum Problem. Der Verschnitt an Füllrate und Pixelshadingleistung, insbesondere bei kleinen Dreiecken, ist damit beim DeltaChrome enorm.

nVidia und ATI lösen diesen Aspekt deutlich effizienter, deren Kontrolllogik ist wesentlich komplexer. GeForce-Grafikchips teilen das Bild in so genannte "Quadbatches" auf. Quadbatches sind Quadrate mit der Seitenlänge von 32 Pixeln, ihre Lage im Bild ist frei wählbar. Radeon-Grafikchips teilen dagegen das gesamte Bild in ein festes Raster bestehend 16x16 Pixel großen Kacheln (Tiles) auf. Jede Quadpipeline rendert dann von der Gesamtanzahl dieser Tiles ihren Teil. Beide Lösungen ähneln sich sehr: Letztendlich hat jede Quadpipeline bei ATI und nVidia ihr abgestecktes Revier, in dem sie "ungestört" rendern darf - dies reduziert den Verschnitt auf ein Minimum.

Im GammaChrome soll dieses Defizit nun beseitigt worden sein. Die Kontrolllogik soll nun so dimensioniert sein, dass bei einem Ausbau von zwei Quadpipelines in verschiedenen Dreiecken gerendert werden kann. Details über die erweiterte Kontrolllogik gab man jedoch bis jetzt noch nicht bekannt.

Auch beim Pixelshading hat sich etwas getan: Laut S3 Graphics ist die Pixelshader ALU des DeltaChrome pro Takt nur zu einer FP16-Operation fähig, für eine FP24-Operation benötigt man zwei Takte. Im Shadermark gelang uns die Nachstellung dieser Aussage, jedoch profitierte in unseren Tests bisher noch keines der getesteten Spiele von PP_Flags (erzwungenes FP16-Format). Offensichtlich ist die Pixelshaderleistung im DeltaChrome kein Flaschenhals. Seit dem GammaChrome ist jede Pixelshader ALU nun "full speeded": Das heißt, dass nun FP24-Operationen wie auch FP16-Operationen in einem Takt zu erledigen sind.

Im vorangegangenen Artikel unterlagen wir dem Irrglauben, dass eine Texturoperation die Pixelshader ALU für einen Takt blockierte. Die Textureinheit des DeltaChrome fetched offenbar die Texturkoordinaten nicht über die Crossbars der ALU. Somit ist pro Takt eine aritmetische und eine Texturoperation möglich. Seit dem GammaChrome ist jede Pixelshader ALU nun "full speeded": Das heißt, dass nun FP24-Operationen wie auch FP16-Operationen in einem Takt zu erledigen sind.

Weiterhin stellt man dem Chip mehr temporäre Register beiseite, was die Pipeline effizenter macht. Wir haben leider keine Details zu den Änderungen, vermuten aber, dass die ALUs nun mehr Spezialfunktionen nativ unterstützen oder ein paar Mini ALUs hinzugekommen sind, um die ALU zu entlasten. Pro Pipeline und Takt scheint der GammaChrome in Sachen Shaderleistung deutlich zugelegt zu haben (dazu später mehr).






Kommentare, Meinungen, Kritiken können ins Forum geschrieben werden - Registrierung ist nicht notwendig Weiter / Next

Shortcuts
nach oben