Interview mit Richard Huddy und Kevin Strange von ATI
30. Juni 2004 / von nggalai / Seite 2 von 3
Grundkurs in Developer Relations
3DCenter: Was beinhaltet "Developer Relations" so alles? Und habt Ihr etwas mit dem "Get in the Game"-Programm zu tun?
Richard: ATI beschäftigt sich mit allen Stufen der Spiele-Entwicklung.
Programmierern geben wir immer gerne Ratschläge zu aktuellen und kommenden Technologien, Tips für Performance-Optimierungen und Unterstützung beim Einsatz neuer Features. Wir bieten Programmier-Unterstützung für Entwickler am Arbeitsplatz, gewähren ihnen Zugriff auf den Prioritäts-Bugtracker und stellen gratis oder massiv vergünstigt Hardware für die Entwicklung zur Verfügung. Alle diese Dienstleistungen helfen Entwicklern, Spiele-Engines für aktuelle und neue Spiele zu entwickeln und zu überarbeiten.
Für die Qualitätssicherung und Kompatibilitäts-Prüfung bei Entwicklern und Spiele-Vertrieben gibt's wiederum günstige oder kostenlose Hardware, Bugtracking auf der Prioritätsliste und Zugriff auf ATIs Kompatibilitäts-Testlabor für Alpha- und Beta-Versionen. Sobald die Spiele fertig sind, testen wir die Spiele in unserem eigenen QA-Testlabor mit allen ATI-Treibern, um mögliche Bugs zu minimieren und eigene Bugs in unseren Treibern zu korrigieren und zu beheben. Wir liefern auch Treiber an die Vertriebe, damit sie diese den Spielen auf CD gleich beilegen können.
ATI arbeitet mit den Spiele-Vertrieben im Bereich Co-Promotion zusammen, um Verkaufszahlen sowie Marktwahrnehmung der Produkte aller beteiligten Parteien zu fördern. Wir ermöglichen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen mit Entwicklern, weil wir ihren Einsatz von hardwarebeschleunigter Grafik ins Rampenlicht stellen und so gleichzeitig unsere eigene technologische Führerrolle demonstrieren können.
Das "Get in the Game"-Programm hilft uns, Marketing- und Entwicklungs-Möglichkeiten für Mainstream ATI-Produkte zu fördern. Wir machen das auf verschiedenen Ebenen, von großen Promotions-Aktivitäten wie bei Half Life 2, über die Bewerbung von mittleren Events wie das Halo LAN-Tournament bis zu den kleinsten Sachen wie unseren AIB-, SI- und OEM-Kunden mitzuteilen, welche Spiele auf unsere aktuellste Technologien optimiert sind.
Das Wichtige daran ist, dass alle diese Dinge ATI-Kunden helfen, das bestmögliche Spiele-Erlebnis zu erhalten.
3DCenter: Könnt ihr in der Hinsicht einige der Unterschiede zwischen NVIDIA und ATI aufzeigen, also z.B. Firmen-Philosophie, Zusammenarbeit, Abläufe, Ethik etc.?
Richard: Die Gemeinsamkeiten sind wohl so groß, wie man es erwarten würde. Immerhin konkurrieren beide Firmen im selben Markt, und heutzutage werden viele Situationen auf ähnliche Art und Weise gehandhabt.
Aber die Unterschiede sind doch ziemlich deutlich. Umso mehr, je genauer man die Sache betrachtet.
ATI ist die Art von Firma, die NVIDIA immer sein wollte. ATI ist nicht nur erfolgreich, sondern auch Technologie-orientiert und gleichzeitig sehr ehrlich - sowohl den Kunden als auch sich selbst gegenüber.
Ich empfinde ATI in jeder Hinsicht als besser als NVIDIA. Ich glaube nicht, dass viele Leute über die Wiedergeburt der GeForce 2 unter dem neuen "GeForce 4 MX"-Namen glücklich waren. Die Einführung von Cg, vor etwa zweieinhalb Jahren, war ein klares Zeichen, dass NVIDIA mehr an Kontrolle der Zukunft des Grafik-Marktes interessiert war als daran, den Spielern das beste Preis/Leistungs-Verhältnis und Spiele-Vergnügen zu bieten. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir alle sehr fragwürdiges Verhalten der NVIDIA-Treiber feststellen können, was in der Öffentlichkeit zu einem immensen Vertrauensverlustgeführt hat.
Hier nur ein kleines, aktuelles Beispiel, um den Unterschied zwischen den beiden Firmen zu verdeutlichen: GDDR3 - der neue Speicher, welchen wir heutzutage alle auf unseren High-End Grafikkarten verbauen ...
ATI arbeitete eng mit den Speicherherstellern zusammen, um GDDR3 voll zu spezifizieren. Dennoch gewährten wir zu jeder Zeit NVIDIA Zugriff auf die Spezifikationen, und sie durften diese kommentieren wann immer sie wollten. Am Schluss wurden die Spezifikationen ohne Einfluss von Firmenpolitik verabschiedet, der Standard wurde einfach frei gegeben. So möchte ATI arbeiten. Wir glauben, dass offene Standards der beste Weg sind, um die Industrie voran zu treiben, und wir glauben auch, dass unsere Fähigkeit, im Bereich der "reinen" Technologie wegweisend mitzumischen, eine große Stärke unserer Firma ist.
Kevin: Aus meiner Sicht sind die Unterschiede gewaltig. ATI konzentriert sich darauf, technische Probleme der Entwickler zu lösen, während NVIDIA vorwiegend Spiele-Verleger für Werbefläche bezahlt.
ATI unterstützt aktiv Industrie-Standards wie OpenGL und DirectX. Das sind die Dinge, welche die Probleme der Entwickler lösen können. Auf der anderen Seite hast du NVIDIA, welche Cg und Cg-Tools fördern und die Entwickler darauf begrenzen möchten - sehr ähnlich, wie es 3dfx mit Glide gemacht hat.
3DCenter: Welches ist Eure wichtigste Zielgruppe in Sachen Developer Relations? Spiele-Entwickler? Freiberufliche Programmierer? Endanwender? Institutionen und Unternehmen?
Richard: Die meisten Leute, mit welchen wir zu tun haben, sind im Spiele-Geschäft. Wir haben allerdings eine sehr durchmischte Kundengruppe, und wir schließen eigentlich niemanden aus. Neben der großen Zahl professioneller Spiele-Entwickler arbeite ich häufig mit Forschern von Universitäten, Technikern und Marketing-Menschen im Digital Content Creation-Geschäft, Studenten, freiberuflichen Spiele-Entwicklern, Programmieren und sogar einigen Presse-Leuten zusammen.
Kevin: Unser Team kümmert sich vorzugsweise um etablierte Entwickler, besonders dann, wenn die Spiele bereits einen großen Vertriebspartner gefunden haben. Diese Spiele verkaufen sich in der Regel besser, und ATI-Kunden profitieren so mehr von unserer Arbeit.
Ihr wärt erstaunt, wie viele Spiele nie einen Vertrieb finden; wie viele Entwickler die Tore schließen müssen, bevor sie ihr Spiel fertig gestellt haben oder gezwungen sind, bei einem kleinen Vertrieb zu unterzeichnen, um dann von geringen Absatzzahlen enttäuscht zu werden. Andererseits - man kann nie wissen, welches junge Entwicklungs-Studio den Durchbruch schaffen wird. Ich erinnere mich an Crytek vor vier Jahren, als sie noch sechs Mitarbeiter waren, welche an einer unbekannten Demo arbeiteten. Natürlich hat sich unser Support mit dem Wachstum des Teams und Ubisofts Vertriebspartnerschaft verstärkt. Und jetzt schaut sie euch an! Far Cry ist in vielen Ländern in den Top-Ten, und Crytek hat eine ausgezeichnete Engine, welche sie an andere Entwickler verkaufen. Du kannst nie wissen, wo ein kleiner Entwickler in zwei Jahren stehen wird, und deshalb stellt ATI zusätzliche Ressourcen in Kanada, welche kleine und noch nicht etablierte Entwickler unterstützen und so sicher stellen, dass alle Spiele gut auf ATI-Hardware laufen.
3DCenter: Erhaltet Ihr oft Anfragen von Idioten, welche man nicht mal mit einem Bleistift alleine lassen sollte, noch viel weniger mit einem Computer? ;-)
Richard: Es kommt eigentlich sehr selten vor, dass wir technische Anfragen von kompletten Nieten erhalten. Andererseits variieren die Anfragen in Sachen Können schon ziemlich heftig, von den schlausten Leuten der Industrie, welche dich heftig beeindrucken können, bis zu Neulingen, welche die Grundlagen noch nicht verstanden haben. Und, wie nicht anders zu erwarten, macht diese Bandbreite einen Teil des Spaßes aus. Es ist ganz gut, dass ich zwischendurch immer mal wieder die Grundlagen auffrischen muss und erkenne, wie viele verschiedene Ebenen der Komplexität es im heutigen Spiele-Code gibt. Aber natürlich ist es auch großartig, sich mit den unglaublich erfinderischen Ideen auseinander zu setzen, welche Leute für neue Grafikkarten-Einsatzmöglichkeiten entwickeln.
3DCenter: Wie sieht ein typisches Projekt aus Sicht der Developer Relations aus?
Kevin: Gegen Ende Mai waren wir an einem Montag in Berlin, um eine Veranstaltung an der Games Academy über DirectX 9 und Shader-Programmierung für zukünftige Entwickler abzuhalten.
Am Dienstag darauf waren wir bei Croteam in Kroatien und besprachen, welche 3D-Effekte und Shader Croteam einsetzen möchte. Wir konzentrierten uns im speziellen darauf, welche Methoden am besten zu ihrem Stil passen und wie man unsere Hardware am besten mit den Inhalten, welche ihre Künstler erstellen, ausnutzen kann. Die ganze Sache war eine Zweiweg-Diskussion, wo die Entwickler auch einen Haufen Fragen und Verbesserungs-Vorschläge einbrachten, um unsere Treiber und Hardware zu verbessern. Solches Feedback geben wir dann ATI weiter.
Am Mittwoch besuchten wir ein relativ junges Entwicklungsstudio namens "Provox", welches gerade in der ersten Phase eines neuen Spiels steckt. Wir machten Vorschläge, wie man die Sache am besten angehen sollte und gingen auf Pixelshader-Techniken für die Schatten-Berechnung ein, um die visuelle Qualität zu verbessern. Später hatten wir mit einigen Entwicklern und Journalisten in Zagreb Lunch und flogen dann zurück nach Großbritanien.
Diese Art von Terminplan ist ziemlich typisch, und selbstverständlich stehen wir auch unterwegs ständig Entwicklern und Spiele-Verlegern für Support per E-mail und Telefon zur Verfügung.
Seit kurzem arbeiten wir eng mit Lionhead an Black and White 2 zusammen (neben ihren anderen Spielen) und helfen ihnen, die neusten Technologien einzusetzen, um ihre künstlerische Ideen Spielern mit ATI-Hardware nahe zu bringen. Lionhead demonstrierte diese Arbeit an unserem Stand während der E3.
Ein Mitglied unseres Teams verbrachte eine Woche bei DICE in Schweden, um mit zu helfen, die Demo von Battlefield 2 für die E3 zu optimieren. Wir werden eng mit DICE bis zur Veröffentlichung zusammen arbeiten, um sie in Sachen Geschwindigkeit und Features zu unterstützen.