Die Grafikchips des Jahres 2005
21. März 2005 / von Leonidas / Seite 1 von 2
Mittels der CeBIT waren insbesondere S3 und XGI recht offenherzig bezüglich ihrer demnächst anstehenden Grafikchip-Entwicklungen, desweiteren lagen schon immer einige kleine Informationen zu den Plänen von ATi und nVidia vor, wie auch sich dazu kürzlich ein paar neue Informations-Bruchstückchen ergaben, so daß sich dieser Artikel lohnte, welcher einen Ausblick auf die kommenden Grafikchips des Jahres 2005 geben soll. Dieser Artikel enthält dabei natürlich - dies sei vorher ehrlich gesagt - teilweise recht spekulative Angaben.
Im HighEnd-Bereich werden hierbei nur ATi und nVidia aktiv sein. Allem Anschein nach wird dabei nVidia noch vor ATi seinen Refresh-Chip NV48 herausbringen und somit zumindestens kurzfristig die neue Meßlatte im HighEnd-Bereich bilden. Daten zum NV48 gibt es derzeit zwar noch keine bestätigten, dennoch kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß es sich beim NV48 "nur" um eine Verbreiterung der NV40-Architektur handelt, sprich: Mehr Quads, was dann in mehr Pipelines resultiert.
Dies ist am einfachsten zu realisieren, da die NV40-Architektur genau dafür bereits vorbereitet bzw. gedacht ist. Die einzige größere Frage ist dann nur noch, wieviele Pipelines nVidia dem NV48 spendieren will: Alle durch vier teilbaren Zahlen überhalb der 16 sind möglich, als realistisch werden derzeit 24 Pipelines gehandelt. Die Anzahl der ROPs (Raster Operation Units) würde allerdings wohl gleich bleiben, da diese bei nVidia außerhalb der Pipeline liegen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt zum NV48 ist der Wechsel des Produktionspartners von IBM wieder zu TSMC. Damit ergibt sich für nVidia womöglich die Chance, den NV48 trotz gestiegener Pipeline-Anzahl gleich oder gar höher als den NV40 zu takten, da die Ausbeute bei TSMC derzeit klar besser als bei IBM sein soll. Allerdings ist derzeit noch unklar, ob nVidia den NV48 in 110nm oder 130nm bei TSMC fertigen lassen wird.
- nVidia NV48 (G70?)
- Refresh-Chip zum NV40/NV45
- 110 oder 130nm bei TSMC, schätzungsweise Richtung 300 Millionen Transistoren
- DirectX 9.0 Shader Model 3.0
- prinzipielle GeForce6-Architektur, aber mit höherer Pipeline-Anzahl
- höchstwahrscheinlich einige Optimierungen (gefixter Video-Prozessor?)
- 24 (?) Pipelines
- 256 Bit DDR Speicherinterface
- SLI-fähig
- vermutlich natives PCIe-Interface, aber mittels Bridge-Chip auch als AGP anbietbar
- Zielmarkt: oberer HighEnd-Markt, neuer Performance-Spitzenreiter (500-600 € Klasse)
- Launch: irgendwann April 2005
Wieviel nVidia mit einem solchen NV48 an Vorsprung vor den bisherigen Performance-Spitzenreitern einfahren kann, bleibt abzuwarten, denn dies hängt stark an der Bestätigung der 24 Pipelines und zum anderen natürlich nicht unerheblich am Chiptakt. Sollte es nVidia gelingen, den NV48 mit den gleichen 400 MHz wie den NV40 zu befeuern, dürften die 24 Pipelines dann doch für einen ordentlichen Leistungsabstand zu Radeon X850 XT-PE und GeForce 6800 Ultra sorgen können. Für einen Refresh-Chip wäre dies dann absolut in Ordnung.
ATi wird hingegen erst zur Mitte des Jahres ins Geschehen eingreifen, womit nVidia erst einmal der Vortritt gelassen wird, die Kalifornier ihren Trumpf aber eben auch schon vorher auf den Tisch legen müssen. Die Kanadier haben somit alle Möglichkeiten, die finalen Taktraten ihres Produkts so anzupassen, daß man jederzeit nVidia gewachsen ist, so daß mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß ATi nach diesem Sommer mit dem R520-Chip wieder vor nVidia liegt. Ob dieser Vorsprung jedoch größer wird als ein paar eher belanglose Prozentpunkte, das muß sich erst noch zeigen.
Zumindestens steht bei ATi erst einmal kein Refresh-Chip auf dem Programm, sondern mit dem R520 eine weitgehende Neu-Entwicklung, welche dann auch bei ATi das Shader Model 3.0 tragen wird. Da bei der Konzeption von Shader 3.0 fähigen Pipelines sowieso schon sehr vieles geändert werden muß, wäre es durchaus denkbar, daß ATi auch an anderen Teilen des Chips viel geschraubt und verbessert hat - was dann einen weiteren wesentlichen Unterschied zum R420 darstellt würde, welcher intern außer der Verdoppelung der Pipeline-Anzahl kaum verändert gegenüber dem ursprünglichen R300 ist. Zudem versprach ATi uns ebenfalls, daß sich der R520 nicht allein nur in der Zurverfügungstellung des Shader Model 3.0 erschöpfen würde - wir sind gespannt.
Die größte Ungewißheit beim R520 ist jedoch nach wie vor die Anzahl der Pixel-Pipelines. Wir für unseren Teil gehen inzwischen davon aus, daß auch ATi gleich mit 24 Pipelines einsteigen wird, allerdings können wir uns hier auch gewaltig irren. Die 24 Pipelines wären jedoch zumindestens vom von ATi angestrebten 90nm Fertigungsverfahren seitens TSMC tragbar, selbst wenn ATi hier ein gewisses Risiko mit einem neuen Fertigungsverfahren eingeht (welches nVidia seinerzeit mit dem NV30 nicht bekam, aber das muß sich ja nicht wiederholen).
Bezüglich der Taktfrequenzen des R520 läßt sich derzeit noch kaum etwas sagen, da der Chip deutlich größer wird als die bisherigen ATi-Chips (bei 24 Pipelines in Richtung 300 Millionen Transistoren) und der 90nm Prozeß unerforschtes Terrain bei Grafikchips darstellt. Es ist gut möglich, daß ATi mit den Taktfrequenzen gegenüber den bisherigen Radeon X850 Karten etwas heruntergehen muß, dies aber mit höherer Effizienz und mehr Pipelines mehr als ausgleichen kann.
- ATi R520
- 90nm bei TSMC, schätzungsweise Richtung 300 Millionen Transistoren
- DirectX 9.0 Shader Model 3.0
- keine Weiterführung einer bekannten Architektur, sondern weitgehendes Neudesign
- 24 (?) Pipelines
- 256 Bit DDR Speicherinterface
- AMR-fähig
- natives PCIe-Interface, aber mittels Bridge-Chip auch als AGP anbietbar
- Zielmarkt: oberer HighEnd-Markt, neuer Performance-Spitzenreiter (500-600 € Klasse)
- Launch: anscheinend Juni 2005 (Computex?)
Mittels des späteren Launch-Termines hat ATi wie schon erwähnt alle Möglichkeiten, selbst auf Überraschungen seitens nVidia noch angemessen reagieren zu können. Insofern erwarten wir in nahezu jedem Fall einen Performance-Sieg seitens ATi bei den absoluten Spitzenprodukten. Interessanter werden aber natürlich die jeweils nachfolgenden Produkte der 400-Euro-Klasse sein (mit zumeist etwas niedrigeren Taktraten) - und wie dieses Rennen ausgeht, läßt sich angesichts der vielen Unbekannten in diesem Spiel derzeit noch nicht sagen.
Neben dem R520 wird ATi allerdings auch Shader 3.0 fähige Grafikchips für andere Markt-Segmente bringen - und dies erstaunlich schnell. Denn nur 2-3 Monate nach dem R520 sollen bereits die Chips RV515 (LowCost) und RV530 (Mainstream) vorgestellt werden. Zu beiden ist derzeitig noch nicht viel mehr bekannt außer den Namen, allerdings kann man anhand der Marktpositionierung durchaus schon den einen oder anderen Rückschluß auf die technischen Daten ziehen.
So steht als erstes für den LowCost-Bereich der RV515-Chip an. ATi hat hierbei prinzipiell die zwei Möglichkeiten, um entweder mit einem 4-Pipelines-Design (wie beim aktuellen RV370) mit recht hohen Taktraten oder einem 8-Pipelines-Design mit sehr moderaten Takraten zum Ziel zu kommen. Gemäß der schon beim RV370 zu erkennenden Strategie wird es wohl eher die zweite Lösung sein, womit ATi dann erstmals im LowCost-Segment 8 Pixel-Pipelines anbieten würde. Aber natürlich eröffnet ein solches Design auch Möglichkeiten zu abgespeckten Chip-Versionen mit nur 4 aktiven Pipelines und einem nur 64bittigen Speicherinterface.
- ATi RV515
- 90 oder 110nm bei TSMC, schätzungsweise 150 Millionen Transistoren
- DirectX 9.0 Shader Model 3.0
- basierend auf dem R520-Design, mit höchstwahrscheinlich zwei Quads
- 8 (?) Pipelines, Varianten mit nur 4 Pipelines durch Deaktivierung möglich
- 128 Bit DDR Speicherinterface, Varianten mit nur 64bittigem Interface ebenfalls möglich
- natives PCIe-Interface, aber mittels Bridge-Chip auch als AGP anbietbar
- Zielmarkt: oberer LowCost-Markt (100 € Klasse)
- Launch: September/Oktober 2005
Beim RV530 erscheint die Sache klarer, denkt man an den R430-Chip, welcher sich aktuell in dem vom RV530 angepeilten Marktsegment tummelt. Somit wird ATi wohl auch beim RV530 auf volle 16 Pipelines setzen, aber natürlich auch Varianten mit 12 Pipelines in die Welt setzen, welche durch Deaktivierung eines Quads erreicht werden. Somit erscheint der RV530 als R430-Neuauflage, einfach nur mit dem Shader Model 3.0
- ATi RV530
- 90 oder 110nm bei TSMC, schätzungsweise Richtung 220 Millionen Transistoren
- DirectX 9.0 Shader Model 3.0
- basierend auf dem R520-Design, mit höchstwahrscheinlich vier Quads
- 16 (?) Pipelines, Varianten mit nur 12 Pipelines durch Deaktivierung möglich
- 256 Bit DDR Speicherinterface
- natives PCIe-Interface, aber mittels Bridge-Chip auch als AGP anbietbar
- Zielmarkt: mittlerer/oberer Mainstream-Markt (200-300 € Klasse)
- Launch: September/Oktober 2005
Welche Performance-Marken ATi mit dem RV530 setzen wird können, ist derzeit noch nicht abzusehen, aber zumindestens erscheint ATi mit diesem Chip im Mainstream-Segment für das Ende des Jahres 2005 ziemlich gut aufgestellt - immer gesetzt den Punkt, jener verfügt wirklich über 16 Pipelines und ein 256bittiges Speicherinterface.