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Intel vs. AMD´s Model-Rating

6. März 2002 / von Leonidas / Seite 4 von 4


Und damit zum letzten Abschnitt dieses doch schon wieder so lang gewordenen Artikels (der ursprünglich einmal als News mit ein bis zwei Absätzen geplant war): Den abschließenden Bemerkungen seitens Intel. Zur dortigen ersten Aussage "wenn die Benchmarks sich weiterentwickeln, wird das Model Rating überholt sein" ("as software evolves and benchmarks are updated, performance ratings become outdated"), kann man nur sagen: Kommt Zeit, kommt Rat. Oder: Wenn Intel wirklich eine Kristallkugel hat, sollten sie uns lieber verraten, welches das lukrativste Wertpapier ist :-).

Natürlich steht dahinter der exzellent versteckte Hintergedanke, daß zukünftige SSE2-Optimierungen dem Pentium 4 zu einer höheren Pro-MHz-Leistung verhelfen werden. Schade ist nur, daß dieses Gebet eigentlich schon seit dem Pentium 4 Start anno 2000 gesungen wird, nur daß sich seitdem im Abstand zu AMD nichts geändert hat. Wenn wir uns unseren damaligen Artikel noch einmal zu Gemüte führen, so hatten wir damals einen Abstand in der Pro-MHz-Leistung von 10 bis 15 Prozent konstatiert - das ist sogar weniger als jetzt.

Wir für unseren Teil glauben jedenfalls nicht an das Wunder der breitflächigen SSE2-Optimierungen, bevor wir dieses nicht sehen. Selbst jetzt sind schon viele Benchmarks SSE2-optimiert und trotzdem hat der aktuelle AMD-Prozessor einen größeren Abstand in der Pro-MHz-Leistung zum aktuellen Intel-Prozessor als seinerzeitig beim Start des Pentium 4.

Der nächste Spruch des Fazits ist wieder einmal exzellent angreifbar:

Intel vs. AMD´s Model-Rating

Sorry, liebe Leut bei Intel, aber das ist nun einmal Nonsens und Ihr wisst das auch. Euer liebreizender Itanium-Prozessor taktet auch nur von 700 bis 1000 MHz, liefert aber in einer rein 64bittigen Umgebung mit entsprechend angepasster Software (wovon es allerdings noch zu wenig gibt) bessere Leistungen als die höchstgetaktesten Pentium 4 Prozessoren. Megahertz ist definitv nicht alles - um genauer zu sein: MHz ist nur innerhalb des selben Prozessor-Cores eine Richtlinie für die Leistung. Und niemals gegenüber anderen Prozessoren-Cores, wie obiger Intel-Spruch simplifizieren will. Ansonsten wollen wir ab sofort von Intel die Wiederaufnahme der Fertigung des originalen 8088er Prozessors - mit aktuellen Taktraten von 2 GHz und mehr ;-).

Daß die MHz-Zahl sich auf dem Desktop-Markt so stark als eigentlich falsche Maßeinheit für Prozessor-Performance zwischen verschiedenen Cores breit gemachte, hat verschiedene Ursachen: Zum einen ist die MHz-Zahl ja auf jeden Fall eine (grobe) Performance-Maßeinheit bei Prozessoren des gleichen Cores, womit es einem einfach gemacht wird, die MHz-Zahl als allgemeingültige Performance-Maßeinheit zu verstehen.

Des weiteren gab es bei Intel-Prozessoren bisher noch nicht die Situation, daß eine neue Serie wie der Pentium 4 eine niedrigere Pro-MHz-Leistung als der Vorgänger Pentium III aufwies. So konnte man rein praktisch bisher die MHz-Zahl tatsächlich auch als Performance-Maßeinheit zwischen verschiedenen Intel-Cores verwenden - im "schlechtesten" Fall war die tatsächliche Performance des jeweils größeren Prozessors dann sogar noch höher als durch die MHz-Zahl ausgedrückt. Weiterhin gab es bisher für Intel nicht die Situation eines derart aktiven Wettbewerbers wie AMD, welcher gar noch eine deutlich bessere Pro-MHz-Leistung wie Intel selber anbietet. Erst mit dem AMD Athlon im Vergleich zum Pentium 4 kam letztlich das Umdenken, daß Megahertz nicht gleich Leistung ist.

Und letztlich sind aus dem Desktop-Markt mittlerweile weitestgehend alle non-x86 konformen Prozessoren verschwunden, so daß (in Europa) problemlose 95 Prozent aller PC-Käufer nicht einmal wissen, daß aktuelle IBM-Prozessoren auch unterhalb von einem Gigahertz keine Vergleiche zu den aktuellen Intel-Boliden von über zwei Gigahertz scheuen müssen. So gesehen ist es klar, daß man im Desktop-Bereich vor dem Pentium 4 Prozessor weitestgehend Megahertz mit Leistung gleichgesetzt hat - richtig wird es dadurch jedoch nicht und war es auch nie.

An dieser Stelle ist es jedoch müßig, weiter darüber zu reden, warum "Megahertz ist gleich Leistung" falsch ist. Wichtiger erscheint uns: Diese Aussage ist auch in der von Intel gewählten Formulierung falsch. Diese sagt zwar nicht aus, um welche Prozessoren es hier genau handelt und man könnte argumentieren, daß die Intel-Formulierung korrekt sei, wenn man rein beim Pentium 4 bliebt.

Wir halten eine derartige Argumentation allerdings für ernsthaft falsch. Denn: Wenn auf eine allgemein gehaltete Aussage nur eine Teilmenge einwandfrei zutrifft und der Rest dazu neutral steht, kann man eine derartige Aussage treffen, da sie letztlich nicht direkt falsch ist. Wenn auf eine allgemein gehaltete Aussage jedoch eine Teilmenge einwandfrei nicht zutrifft, spielt es auch keine Rolle mehr, ob eine andere Teilmenge sehr wohl zutrifft - die Aussage ist dann prinzipiell falsch.

Konkret: Da Intel nicht sagt, um welche Prozessoren es sich handelt, muß man zumindestens das Marktumfeld der Intel-Prozessoren als diesen Bereich ansehen, auf welchen diese Aussage zutreffen will. Und dann trifft diese Aussage u.a. eben auf die Athlon XP Prozessoren im Vergleich zu den Pentium 4 Prozessoren definitiv nicht zu. Da Intel seine Aussage nun aber nicht entsprechend eingeschränkt hat, ist sie automatisch in ihrer Gesamtheit falsch. Diese Logik sollte sogar für eingeschriebene Intelianer klar genug sein.

Bei der dritten und letzten Aussage des Fazits des Intel-PDFs brauchen wir allerdings nicht auf Intel einzuprügeln: Wenn man fordert, die MHz-Zahl zusammen mit diesen Benchmarks anzubringen, welche den Nutzergewohnheiten den Käufer entsprechen, so können wir nur voll zustimmen. Immer hübsch ausgiebig benchmarken, dann werden Model Ratings und auch diverse Prozessoren-Cores, die nur auf hohe Taktraten ausgelegt sind, völlig überflüssig ;-).


Bleibt abschließend zu sagen: Intel´s PDF ist an einigen Stellen unfreiwilligerweise zum Kugeln lustig (ROFL = rolling on the floor laughing), bringt aber ansonsten eigentlich nur diese Argumente, welche Intel schon seit längerem gegenüber AMD vertritt. Die Art und Weise der Präsentation ist dabei bis auf den vorbeschriebenen katastrophalen Mathematik-Fehler relativ defensiv gestaltet. Insgesamt hängt sich Intel nicht so weit aus dem Fenster, als das es gefährlich sein könnte..

Die Grundaussagen können wir jedoch absolut nicht teilen. Das Model Rating ist momentan absolut auf der Höhe der Zeit. Der Athlon XP 2000+ ist einem Pentium 4 mit 2.0 GHz ebenbürtig oder minimal besser. Die MHz-Zahl ist zwischen verschiedenden Prozessoren-Cores keine Maßeinheit für Geschwindigkeit.

Trotzdem muß gesagt werden, daß Intel mit diesem PDF nicht nVidia ist: Während diese seinerzeit aus einer 1 eine 0 zu machen versucht haben, dreht es sich bei diesem Intel-PDF um einen im Höchstfall 20%igen Unterschied. Also definitiv keine Sache, die einem die Zonesröte auf die Stirn treibt - sondern eher für einen Schmunzler zwischendurch gut ist. Die von Intel mit diesem PDF angesprochene Zielgruppe der eigenen OEM-Hersteller und Großhändler hat hoffentlich und wahrscheinlich genügend Fachkenntnis, um ihre eigenen Schlüsse ziehen zu können.


Abschließend stellen wir allerdings wie schon beim nVidia-PDF die Frage auf, wieso Intel eigentlich keine PDFs mit den richtigen und wahrhaftigen Argumenten für den Pentium 4 erstellt? Denn abgesehen von der wirklich niedrigeren Pro-MHz-Leistung und dem teueren Preis hat doch auch der Pentium 4 ernsthaft Vorteile: Verfügbarkeit von erwiesenermaßen mordsstabilen Intel-Chipsätzen, geringere Abwärme als ein Athlon XP, wahnwitzig gute Übertaktbarkeit des Northwood-Cores, höhere verfügbare Taktraten (ist nun einmal sexier im Endkunden-Markt), jahrzehntealter Markenname "Intel", reichhaltige Auswahl an unterstützten Speichertechnologien (zumindestens eine mehr als AMD, auch wenn es "nur" RAMBUS ist), steigender relativer Abstand zwischen realer Taktfrequenz und Model Rating beim Athlon XP (was auch nicht korrekt ist) usw. ...

Aber warum machen wir hier eigentlich die Arbeit für das Intel Marketing? Kommen die Jungs und Mädels nicht selber auf derartige Ideen? Wahrscheinlich schon - aber leider rechnet man sich wohl aus, daß PDFs mit derartig halbseidene Argumenten wie auf den vorhergehenden vier Seiten genannt, eben besser ankommen bzw. mehr bewirken als der Versucht, mit der Wahrheit zu argumentieren. Es ist nun am Käufer, darüber zu entscheiden, ob diese Rechnung aufgehen soll oder nicht.



Dieser Artikel wurde erstellt auf dem Arbeits- und Spielrechner des Authors, welcher mit einem Intel Pentium III Coppermine und einem Mainboard mit Intel-Chipsatz ausgerüstet ist. Neben diesem Rechner steht ein noch nicht fertig eingerichteter Rechner, welcher Zukunft seinen Dienst als Testrechner mit einem Intel Pentium 4 ebenfalls mit einem Mainboard mit Intel-Chipsatz verrichten wird. Dem Author besondere Intel-Feindlichkeit vorzuwerfen, wird also nix.






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