Intels neue Prozessoren - und AMDs Antwort
6. August 2006 / von Leonidas / Seite 1 von 3
Intel hat am 14. Juli nunmehr Ernst gemacht und mit dem Core 2 Duo auf Basis des Conroe-Cores den ersten für den Desktop-Einsatz vorgesehenen Prozessor auf Basis der Core-Prozessoren-Architektur vorgestellt. Das Echo der Presse war im Prinzip ausschließlich euphorisch, hat Intel doch eine sehr leistungsstarke Prozessoren-Generation mit faktisch keinerlei Schwachpunkten vorgestellt. Dies bestätigen die inzwischen reichlich vorhandenen Artikel zu den neuen Prozessoren eindrucksvoll.
Dabei handelt es sich im genauen um den Conroe- und den Allendale-Core, denn die Varianten mit 2 MB Level2 Cache läßt Intel diesesmal in der Tat extra fertigen, was dann in einem extra Core-Namen resultiert. Aller Vermutung nach sind die beiden Desktop-Cores dabei vollkommen identisch zu den beiden Ausführungen des Merom-Core für die Mobile-Ausführungen des Core 2 Duo, da die Transistorenmenge wie auch die Die-Größe zwischen Merom mit 2 MB Level2 Cache und Merom mit 4 MB Level2 Cache auf der einen Seite und Allendale sowie Conroe auf der anderen Seite den bisherigen Informationen nach gleich sind.
Der einzige funktionale Unterschied zwischen Desktop- und Mobile-Prozessoren besteht sowieso nur in einer weiteren Stromsparfunktion, welche für die Desktop-Modelle nach der Produktion vermutlich schlicht deaktiviert wird. Ähnliches dürfte auch für den neuen Prozessor der Xeon-Serie namens Woodcrest mit 4 MB Level2 Cache zutreffen: Da dieser keine bedeutenden Funktionsunterschiede zum Conroe-Core aufweist, dürften Conroe und Woodcrest wohl ebenfalls identisch sein, in der Produktion also letztlich vom selben Band laufen.
Somit ist Intel in der Lage, Server/Workstation-, Desktop- und Mobile-Markt mit letztlich nur zwei Cores bedienen zu können - und muß dabei noch nicht einmal auf den von Prozessoren-Herstellern öfters eingesetzten Trick zurückgreifen, verschiedene Cache-Größen durch Teildeaktivierung von Caches zu realisieren - was bei den von Intel angesetzten Cache-Größen für die Core-Prozessorenarchitektur dann doch schon eine mittlere Silizium-Verschwendung wäre. Nur zum Vergleich: Die aktuell noch verkauften älteren Intel-Prozessoren benötigen für alle drei genannten Marktbereiche Server/Workstation, Desktop und Mobile derzeit immerhin zehn verschiedene CPU-Cores.
Merom-2M/Allendale | Merom-4M/Conroe/Woodcrest | |
Chipgröße | 167 Mill. Transistoren, 111 mm², 65nm | 291 Mill. Transistoren, 143 mm², 65nm |
Level2 Cache | 2 MegaByte (shared) | 4 MegaByte (shared) |
Mobile- Modelle |
Core 2 Duo T5600 (1.83 GHz, FSB667) Core 2 Duo T5500 (1.66 GHz, FSB667) |
Core 2 Duo T7600 (2.33 GHz, FSB667) Core 2 Duo T7400 (2.16 GHz, FSB667) Core 2 Duo T7200 (2.0 GHz, FSB667) |
Desktop- Modelle |
Core 2 Duo E6400 (2.13 GHz, FSB1066) Core 2 Duo E6300 (1.86 GHz, FSB1066) |
Core 2 Extreme X6800 (2.93 GHz, FSB1066) Core 2 Duo E6700 (2.66 GHz, FSB1066) Core 2 Duo E6600 (2.4 GHz, FSB1066) |
Server- Modelle |
- | Xeon 5160 (3.0 GHz, FSB1333) Xeon 5150 (2.66 GHz, FSB1333) Xeon 5140 (2.33 GHz, FSB1333) Xeon 5130 (2.0 GHz, FSB1333) Xeon 5120 (1.86 GHz, FSB1066) Xeon 5110 (1.6 GHz, FSB1066) |
angebotene Sockel |
Mobile: Sockel 479, Desktop: Sockel 775, Server: Sockel 771 |
Vorstehender Aufstellung ist nebenbei auch zu entnehmen, daß Intel ungewöhnlicherweise die klar stärkste Prozessoren-Power derzeit im Server/Workstation-Segment liefert. In der Vergangenheit ging Intel dieses Marktsegment immer etwas konservativer an, mit weniger Taktfrequenz und geringeren Bus-Taktraten als im Desktop-Segment. Nun aber kann man es sich aufgrund der (relativ gesehen) verlustleistungs-armen neuen Prozessoren offenbar leisten, hier deutlich aggressiver vorzugehen - was sich auch angesichts dessen, daß AMD in letzter Zeit einige Marktanteile in diesem sehr lukrativen Marktsegment erobern konnte, natürlich anbietet.
Leider eignen sich die neuen Xeon-Prozessoren nicht wirklich für den Desktop-Einsatz: Zum einen sind Intels Preisvorstellungen bei den Xeons etwas überzogen, denn im gewöhnlichen bezahlt man 20 bis 30 Prozent mehr für den gleichen Takt gegenüber dem Core 2 Duo. Einzig und allein der Xeon 5160 mit 3.0 GHz ist in gewissem Sinne interessant, ist dieser doch trotz höherem Takt und FrontSideBus mit "nur" 851 Dollar Listenpreis immer noch günstiger angesiedelt als der Core 2 Extreme mit 2.93 GHz und einem Listenpreis von 999 Dollar. Gegen einen solchen Gedanken spricht jedoch generell der andere Sockel der Xeon-Prozessoren, welcher einen zu dementsprechenden Server-Mainboards zwingt, die dann meisten nur mit teurem ECC-RAM - oder gar FB-DIMMs - ausgerüstet werden können.
Doch zurück zum reinen Desktop-Markt, denn in diesem gab es neben den fünf neuen Conroe/Allendale-basierenden Prozessoren auch neue Mainboard-Chipsätze seitens Intel zum Support der neuen Core-Prozessorenarchitektur: P965 für den Retail-Markt, G965 als Version mit integrierter Grafiklösung für den OEM-Markt bzw. für Viiv-PCs und letztlich Q965 & Q963 als Spezial-Varianten für vernetzte Büro-PCs nach der neuen Intel-Plattform "vPro". Die letztgenannten Chipsätze Q965- und Q963 (der Unterschied liegt wohl im Speichersupport, der Q963 unterstützt hier offiziell nur DDR2/667) verfügen dabei über eine GMA3000-Grafiklösung (vermutlich eine geringfügige Weiterentwicklung der bisherigen Grafikchips GMA900 und GMA950), während der G965-Chipsatz die "GMA X3000" Grafiklösung beherbergt.
Als Hauptunterschied des GMA X3000 Grafikchips zu den bisherigen Grafiklösungen GMA900 und GMA950 (höher getaktete Version von GMA900) gilt das Shader Model 3.0, die GMA900/950-Chips und der GMA3000 können hier "nur" das Shader Model 2.0 anbieten. Daneben verfügt der GMA X3000 Grafikchip bereits über "unified Shader" - was insofern Sinn macht, als daß gerade bei integrierten Grafikchips eine starre Verteilung der üblicherweise wenigen vorhandenen Shader-Einheiten auf Vertexshader- oder Pixelshader-Aufgaben immer zu einer gewissen Unterauslastung einer der beiden Shader-Teile führt. Im übrigen hat Intel damit die erste Grafiklösung mit "unified Shadern" in den PC-Markt gebracht, da der ATI R600-Chip mit einer ähnlichen Ausführung der Shader-Einheiten erst für das Ende des Jahres erwartet wird.
Wieviele Shader-Einheiten der GMA X3000 allerdings besitzt, bleibt dagegen derzeit noch Intels Geheimnis - und ohne diese Information ist es trotz der Taktangabe von - für einen integrierten Grafikchip sehr hohen - 667 MHz schwer zu sagen, ob der GMA X3000 neben seinem technischen Fortschritt auch die (dringend nötigen) Fortschritte bei der reinen Performance gemacht hat. Denn aktuell hängt Intels GMA950-Grafiklösung problemlos um den Faktor 2 gegenüber den integrierten Grafiklösungen von ATI und nVidia zurück - und auch die sind nicht wirklich dafür bekannt, aktuelle Spiele wenigstens unter 1024x768 problemfrei darstellen zu können. Hier bleibt also noch stark abzuwarten, wie schlagkräftig die GMA X3000 Grafiklösung in der Praxis wirklich ist.
Abseits der neuen Intel Mainboard-Chipsätze gibt es allerdings einige Alternativen: So beherrscht als allererstes Intels eigener 975X-Chipsatz prinzipiell den Support der neuen Conroe/Allendale-Prozessoren. Dies betrifft allerdings faktisch nur neue 975X-Platinen - diese dürften dann nämlich schon nach der VRM 11.0 Spezifikation von Intel gebaut sein, welche die Stromanforderungen für Core 2 Duo/Extreme Prozessoren festlegt. Ebenso prinzipiell dürften somit auch ältere Intel-Chipsätze noch für Core 2 Duo/Extreme fit gemacht werden können - so lange die Mainboard-Hersteller hier neue Versionen mit dem Support von FSB1066 und der VRM 11.0 Spezifikation auflegen. Allerdings dürfen sich die meisten Mainboard-Hersteller bezüglich Intel-basierenden Mainboards für den Core 2 Duo/Extreme wohl in erster Linie auf die neuen Intel-Chipsätze konzentrieren.
Bei den anderen Chipsatz-Herstellern sieht es diesbezüglich nicht viel besser aus: Zwar gibt nVidia in einer durchaus nachahmenswerten Kompatibilitätsliste an, daß die nVidia-Chipsätze nForce4 Ultra, nForce4 SLI X16, nForce4 570 SLI und nForce4 590 SLI die Conroe/Allendale-Prozessoren unterstützen, aber auch hierbei handelt es sich erst einmal nur um die Angabe einer prinzipiellen Unterstützung von der Chipsatz-Seite her. Die Spannungsversorgung der CPU, welche mit der VRM 11.0 Spezifikation geregelt wird, gehört eben nicht direkt zum Chipsatz, sondern wird durch das Mainboard-Layout regelt.
Insofern gilt auch bei den Platinen mit nVidias Mainboard-Chipsätzen: Früher gekaufte Modelle dürften die neuen Intel-Prozessoren erst einmal nicht unterstützen, dazu benötigt es neue Mainboards oder zumindestens neue Revisionen dieser Mainboards. Eine kleine Ausnahme dürfte es wohl nur bei den brandneuen Chipsätzen der nForce 500 Serie geben: Aufgrund das deren Vorstellung für Intels Prozessoren gerade erst im Juni erfolgte, dürfte hier die VRM 11.0 Spezifikation wohl auf allen entsprechenden Mainboards bereits berücksichtigt worden sein.
Ähnliches dürften die entsprechenden Chipsatz-Angebote von ATI, SiS und VIA allerdings wohl nicht für sich in Anspruch nehmen können, da es hier in jüngster Zeit keine neuen Chipsatz-Vorstellungen gab. Vermutlich dürften allerdings alle den FSB1066 und Pentium-Prozessoren unterstützenden Mainboard-Chipsätze auch für Core 2 Duo/Extreem fit gemacht werden können, es muß halt auf dem jeweiligen Mainboard schlicht die VRM 11.0 Spezifikation beachtet werden. Aber wie gesagt dürfte dies eher die Ausnahme bei älteren Mainboards, womit sich in der Summe sagen läßt: Die neuen Intel-Prozessoren zwingen nicht unbedingt zu neuen Mainboard-Chipsätzen, aber dennoch zweifellos zu neuen Mainboards.
Allerdings sei dies wenn dann doch wenigstens bei einer grundlegend neuen Prozessoren-Generation gestattet - auch wenn man darüber streiten kann, ob der Ausdruck "grundlegend neu" wirklich in dieser Form auf die Core-Prozessorenarchitektur zutrifft. Denn natürlich handelt es sich grob gesehen um die (aktuelle) Krönung einer fortlaufenden Entwicklung, die einstmals im Pentium Pro von anno 1995 ihren Anfang nahm. Zwar ist das grundlegende Design des Pentium Pro inzwischen kaum noch im Core 2 Duo zu erkennen, andererseits sind die vielen Abschnitte auf dem Weg vom Pentium Pro zum Core 2 Duo (Pentium II 1997, Pentium III 1999, Pentium M 2003, Core Duo 2005) jeder für sich genommen nur als Schritte auf dem Weg zu sehen.
Denn nirgendwo gibt es zwischen diesen vielen beteiligten Prozessoren einen wirklich bedeutsamen Sprung, welcher für sich den Begriff "neue Architektur" zweifelsfrei in Anspruch nehmen kann. Man könnte es letztlich also so ausdrücken: Mögen die Schritte auf dem Weg vom Pentium Pro zum Core 2 Duo einzeln betrachtet nur evolutionär gewesen sein, so ist der ingesamte Unterschied zwischen Pentium Pro und Core 2 Duo inzwischen sicherlich als revolutionär zu betrachten und insofern des Siegels "neue Prozessoren-Architektur" nunmehr doch würdig.
Eine exaktere Begründung zu dieser Frage müssen wir allerdings vorerst schuldig bleiben, denn es finden sich derzeit schlicht zu wenige Informationen, um die Core-Prozessorenarchitektur vollständig zu beschreiben. Zwar haben sich viele Webseiten sehr viel Mühe damit gegeben, die von Intel zur Core-Prozessorenarchitektur bereitgestellten Informationen auf mal mehr und mal weniger originelle Weise dem Leser nahezubringen, allerdings ging dabei in fast allen Artikeln unter, daß die Intelschen Informationen letztlich nur einige (von Intel herausgehobene) Änderungen der Core-Prozessorenarchitektur umfassen, mitnichten jedoch ein Bild des kompletten Prozessors zeichnen.
Natürlich ist es für das Intel-Marketing schwierig, hier die richtige Balance zu finden: Setzt man nicht auf die akzentuierte Überhöhung einzelner Features und bringt stattdessen die reine ingenieurstechnische Faktenlage auf den Tisch, läßt sich die neue Architektur nicht mehr so toll über eine überschaubare Anzahl von Schlagworten gegenüber Medien, Analysten und Endkunden vermarkten. Auf der anderen Seite führt die aktuelle Intel-Informationspolitik aber auch dazu, daß nur über einige wenige Teile der neuen Architektur berichtet wird, alle anderen Teile (und dies ist die Mehrzahl) und auch das eigentlich selbstverständliche (und notwendige) Gesamtbild jedoch weitestgehend im Dunklen liegt.
Momentan sieht es nach den Artikeln zum Conroe-Core jedenfalls so aus, als würde die Core-Prozessorenarchitektur nur aus den fünf immer wiederholten Schlagwörtern "Wide Dynamic Execution", "Advanced Digital Media Boost", "Smart Memory Access", "Advanced Smart Cache" und "Intelligent Power Capability" bestehen, nur höchst selten finden sich weitere Erläuterungen zur Core-Prozessorenarchitektur. Unserer Meinung bilden diese fünf Schlagwörter aber übertragen gerade einmal 10 Prozent des Prozessors, ist dieser mit der Nennung dieser Schlagwörter zweifellos unzureichend beschrieben.
Nun gut, Hauptaufgabe der Launch-Artikel war aber natürlich, dem Core 2 Duo auf den Performance-Zahn zu fühlen. Hierzu wurden in den allermeisten Fällen die jeweiligen Spitzen-Prozessoren Core 2 Extreme X6800 und Athlon 64 FX-62 verglichen - was natürlich kein gutes Ende für AMD nehmen konnte. Denn wie schon durch die vielen Vorab-Tests bekannt, liegt die neuen Core-Prozessorenarchitektur bei gleichem Takt runde 20 Prozent vor AMDs aktuellen DualCore-Prozessoren auf Basis der K8-Architektur - woran auch die Einführung des DDR2-Speichercontrollers und damit der Support von DDR2-Speicher bis offiziell DDR2/800 auf der Sockel AM2 Plattform nichts ändern konnte.
Insofern ist es nur zu verständlich, wenn der Athlon 64 FX-62 mit 2.8 GHz Takt nichts gegenüber einem höher getakteten Prozessor aus der Core-Prozessorenarchitektur ausrichten kann. Eher niederschmetternd für AMD dürfte jedoch der zu den Launch-Tests öfters angetretene Vergleich des Core 2 Duo E6600 mit 2.4 GHz gegen eben jenen Athlon 64 FX-62 mit immerhin 2.8 GHz sein: Denn auch hier lag der Intel-Prozessor vorn - zwar nicht mehr mit erheblichen Vorsprung, aber immerhin. Besondere Würze erhält dieser Vergleich schließlich dadurch, daß hier eine Mainstream-CPU mit einem doch recht humanen Preispunkt von 316 Dollar gegen eine absolute HighEnd-CPU verglichen wurde, die zum Zeitpunkt dieses Vergleichs mit stattlichen 999 Dollar in der AMD-Preisliste stand.